"Das Schicksal des Franziskaner Klosters in Solbad Hall während der NS-Zeit"

Blog 24 The Violent Seizure of the Franciscan Monastery in Solbad Hall

​Foto: Franziskaner Kloster in Hall in Tirol. Privatarchiv K. Walder Hall in Tirol.

Das Franziskaner Kloster in  Solbad Hall
​ 1938 - 1940

Bis zum Jahr 1938 war das Franziskaner Kloster in Hall in Tirol ein herausragendes Zentrum humanistischer Bildung, das seine Studierenden erfolgreich gegen ideologische Einflüsse von rechts immunisierte. Zahlreiche ehemalige Absolventen des Franziskanergymnasiums in Hall traten bereits bei der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten im Jahr 1938 aktiv der NS-Ideologie entgegen. 

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Foto Studentenkonvikt Leopoldinum in Hall in Tirol. Privatarchiv K. Walder Hall in Tirol.

Nach dem Einmarsch Hitlers in Österreich im März 1938 durften die Franziskaner das von ihnen seit fast 150 Jahren geführte Gymnasium in Solbad Hall nur noch bis zum 2. Juli 1938 weiterführen. Bereits am 28. Juni 1938 forderte der Haller Bürgermeister, Ing. Bauer, telefonisch die Räumung einzelner Bereiche des Leopoldinums zugunsten des Reichsarbeitsdienstes. Am 20. Juli 1938 folgte die offizielle Enteignung des Gymnasiums. Am 3. Oktober 1938 mussten die Schlüssel des Leopoldinums an den Stellvertreter des Gauleiters, Edmund Christoph, übergeben werden.
Am Morgen des 4. Oktober 1938 trug der damalige Regens, Pater Josef Calasanz Rosenhammer (1900–2003), das Allerheiligste aus der Kapelle des Leopoldinums. Begleitet wurde dieser symbolträchtige Moment von seinen eindringlichen Worten:
„Der Herr muss gehen, aber im Triumph wird er wieder einziehen!“
Pater Rosenhammer, der später Bischof des Apostolischen Vikariats Chiquitos in Bolivien wurde, entging einer geplanten Verhaftung durch die Gestapo, indem er am 2. August 1939 in die bolivianische Mission auswanderte.

Gewaltsame Aufhebung des Franziskanerklosters in Solbad Hall

Am 1. April 1940 wurde das Franziskaner-Missionsmuseum gewaltsam enteignet. Die überraschende Aufhebung des Franziskanerklosters in Solbad Hall traf die Ordensgemeinschaft völlig unvorbereitet.
Am 30. September 1940, gegen 10 Uhr vormittags, fuhr ein Polizeifahrzeug vor dem Kloster vor. Mehrere Gestapo-Männer aus Innsbruck stiegen aus, begleitet von städtischen Arbeitern, die der SS angehörten. Insgesamt waren etwa zwölf bis fünfzehn Männer an der Aktion beteiligt. Kurz darauf traf auch der Haller Bürgermeister, Ing. Heinz Bauer, ein. Der erste Franziskaner, der mit der Gruppe konfrontiert wurde, war Frater Andreas Puff (1912–1999). NS-Kommissar Busch verkündete mündlich:
„Das Kloster wird aufgrund staatsfeindlicher Aktivitäten beschlagnahmt.“
Eine schriftliche Verfügung wurde nicht vorgelegt.

Den Ordensangehörigen wurde befohlen, das Kloster binnen zwei Stunden zu verlassen. Es war ihnen nur gestattet, persönliche Gegenstände mitzunehmen, die unter Aufsicht der Gestapo gesondert verpackt werden mussten. Während die rund 50 Klosterbewohner in aller Eile ihre wenigen Habseligkeiten zusammentrugen, kam ihnen Klostersyndikus Andreas Moser, ein Bauer vom Unteren Brock in Solbad Hall, mutig zur Hilfe. Für Haller Bürger war es mit erheblichem persönlichen Risiko verbunden, den Franziskanern in dieser Situation beizustehen.
Während die Franziskaner ihre persönlichen Dinge sicherten, begann die Gestapo mit der systematischen Plünderung des Klosters. Die wertvolle Klosterbibliothek mit rund 25.000 Bänden wurde in das ebenfalls aufgelöste Prämonstratenserstift Wilten überführt. Die Klosterkirche blieb zunächst geöffnet, doch es existierten konkrete Pläne, sie nach dem Krieg in eine Turnhalle mit angeschlossener Theaterbühne umzuwandeln. Sakristei und Oratorium sollten zu Waschräumen für die Jugend umfunktioniert werden.
Viele Einrichtungsgegenstände aus Kloster und Kirche gingen in dieser Zeit verloren. Liturgisches Gerät wie Kelche und Patenen landete im Tresor des Bürgermeisters.
„Möbel, Kirchenbänke und das barocke Heilige Grab wurden verheizt, aus den kirchlichen Gewändern Theaterkostüme geschneidert.“

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​Foto: Innenraum der Franziskaner Kirche in Hall in Tirol. Privatarchiv der Tiroler Franziskaner Provinz Hall in Tirol.

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Gegen etwa 17 Uhr verließ der letzte traurige Franziskaner das Kloster in Solbad Hall, wobei viele von ihnen beschimpft wurden, ihr Ordensgewand abzulegen. Zahlreiche Franziskanerbrüder fanden Zuflucht bei katholisch gesinnten Menschen in Solbad Hall und der Umgebung. In der Nacht veranstalteten die NS-Schergen im Kloster eine Siegesfeier, bei der Kelche und Hostienschalen geschändet wurden und als Aschenbecher dienten. Die Klosteraufhebung wurde durch eine Hetzversammlung in der Turnhalle in Solbad Hall gerechtfertigt.

Foto Sakristei der Franziskaner Kirche in Hall in Tirol (1945). Privatarchiv der Tiroler Franziskaner Provinz in Hall in Tirol.

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Prof. Dr. Franz Egger (1879- 1958) berichtete über die Auflösung des Franziskaner Ordens in Hall in Tirol:
​„Die Franziskaner Patres, ohne die Hall kaum denkbar ist, wurden zuerst nur aus dem Gymnasium entfernt, das überdies zu einer bloßen Oberschule herabgewürdigt wurde. Im Oktober 1940 endlich nach den siegreichen Feldzügen wagte man es, die Kirche zu schließen, die in der Folge zum Magazin des Gautheaters benützt wurde, das Kloster zu besetzen und die Patres zu verjagen. Vorher hatte man schon den allseits beliebten Pater Guardian, Gaudenz Conci, wegen eines Almosens, das er einem Bettler, angeblich einem „Deserteur“, gegeben hatte, vier Monate eingesperrt samt den Pfortenbruder. Jetzt wurden die Patres Epiphan Redhammer, der Direktor des Gymnasiums, Professor Dr. Rupert Dullnig und Florian Schachl, sowie die Patres Gabriel Haider, Otto Matthys und Walter Rücker ins Gefängnis geworfen und nach allerdings nicht langer Haft des Landes verwiesen. Auch die St. Josefs Missionare traf zu Ostern 1941 das Los der Ausweisung und der Beschlagnahme ihres Besitzes."

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