In Absam,* gab es Einzelpersonen, die sich dem NS-Regime widersetzten, ohne einer bestimmten politischen Richtung anzugehören. Diese Personen wurden von den NS-Behörden mittels Heimtücke Gesetz verfolgt. Die historischen Quellen belegen, dass es neben organisierten Widerstandsgruppen auch Einzelnen gelang mittels deviantem Verhalten, den NS-Staat herauszufordern. Solbad Hall scheint ein Ort gewesen zu sein, an dem zahlreiche Bürgerinnen aufbegehrten. Besonders bemerkenswert ist, dass Frauen ihre Meinung öffentlich kundtaten, selbst wenn dies bedeutete, sich dem Risiko von Denunziationen durch NS-Anhänger auszusetzen. Dies zeigt, dass Widerstand gegen das NS-Regime in der Stadt von Menschen unterschiedlicher Hintergründe und Geschlechter getragen wurde. *Absam wurde aufgrund einer Weisung von Gauleiter Hofer der Stadt Solbad Hall eingemeindet (bis zur Volksabstimmung 1947). Die Prophezeiung von 720: Eine verschlüsselte Botschaft des WiderstandsIn Absam verbreiteten Julie Huber, Elisabeth Hafner und Rosa Brindlmayer von 1941 bis 1943 eine Prophezeiung aus dem Jahr 720 n. Chr. Frau Juli Huber erhielt im Jahr 1941 von der inzwischen verstorbenen Kordula Geiger eine als Prophezeiung getarnte „Schrift“ folgenden Inhalts: „Es kommt die Zeit da Germanien das kriegerische Volk genannt wird. Aus seinem Schoß wird ein Krieger hervorgehen, der einen Weltkrieg entfesselt. Die Völker werden ihn Antichrist nennen. [....] Der Krieg, den er entfesselt, wird der schrecklichste den Menschen je gesehen. [....] Gegen Mitte des 6. Monats des zweiten Kriegsjahres wird der Eroberer den Höhepunkt seines Triumphes erreicht haben. Die erste Periode, die Periode der blutigen Siege, ist vorbei. Er glaubt, seine Bedingungen diktieren zu können. Die zweite Periode gleicht an Dauer der ersten. Sie kann die Periode der Verkleinerungen genannt werden. Sie wird reich sein an Überraschungen. Gegen die Mitte werden, die dem Eroberer unterworfenen Völker nach Frieden rufen, er kommt aber nicht. Ein großer Kampf findet statt in der Stadt der Städte. In dieser Zeit werden viele der Seinigen ihn steinigen wollen. Es werden viele Dinge im Orient geschehen. Die dritte Periode wird von kurzer Dauer sein. Es ist die Periode der Invasion. Von allen Seiten werden die Völker in das Land des Eroberers eindringen. Sein Heer wird von einem großen Übel heimgesucht werden. Alle werden sagen, hier ist der Finger Gottes. Das Szepter wrid in eine andere Hand übergehen, und alle werden sich freuen. [....] " Die Prophezeiung wurde von den Nationalsozialisten als Hetzschrift angesehen, weil sie den Nationalsozialismus als Antichristen und den Zweiten Weltkrieg als schrecklichsten Krieg aller Zeiten bezeichnete. Enttarnt wurden die drei Frauen aus Absam, Julie Huber, Elisabeth Hafner und Rosa Brindlmayr, während des Heimwegs vom Kirchgang. Juli Huber traf ihre Bekannte Elisabeth Hafner, und ihre Diskussion drehte sich um die Geschehnisse des Krieges sowie eine sogenannte Prophezeiung. Frau Huber überreichte Frau Hafner eine Schrift, die mit der besagten Prophezeiung zu tun hatte. Frau Hafner fertigte daraufhin eine Abschrift der Schrift an und gab das Original wieder zurück an Juli Huber. Einige Zeit später entschied sich Elisabeth Hafner, ihre Abschrift der Prophezeiung an Rosa Brindlmayer weiterzugeben, mit der Bitte, eine Kopie herzustellen. Im November oder Dezember 1942 besuchte der Theologiestudent und Wehrmachtssoldat namens Peter Klingler die Frau Brindlmayer während seines Urlaubs. Während eines Gesprächs über die vermutliche Dauer des Krieges las Peter Klingler aus der Prophezeiung, die Frau Brindlmayer bei sich aufbewahrte, sogenannte "Heilandsworte" vor. Peter Klingler bat Frau Brindlmayer um eine Abschrift der Prophezeiung in Maschinenschrift, damit er sie seinen Kameraden in der Wehrmacht zeigen konnte. Leider geriet Klingler in Serbien in eine Denunziationsfalle, als er die Prophezeiung unter seinen Kameraden teilte. Daraufhin wurden die drei Frauen, Julie Huber, Elisabeth Hafner und Rosa Brindlmayer, von der Gestapo festgenommen. Bei der Verhaftung gestanden die Frauen sofort, dass sie die Prophezeiung verbreitet hatten. Das Gerichtsurteil gegen die drei Frauen erfolgte am 20. Mai 1943. Sie wurden wegen der Verbreitung der Prophezeiung zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Die vorliegende Information basiert auf Dokument Nr. 8779 des DÖW (Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes). Julie Huber (1891–1970) Frau Julie Huber gehörte keiner NSDAP-Organisation oder Frauengliederung an, da sie aufgrund ihrer streng religiösen Einstellung als entschiedene Gegnerin des Nationalsozialismus allgemein bekannt war. Sie war politischer Verfolgung ausgesetzt, die am 23. Januar 1943 mit ihrer Verhaftung durch die Gestapo begann. Anschließend wurde sie dem Landesgericht Innsbruck überstellt und vom Sondergericht in Innsbruck zu einer 18-monatigen Kerkerstrafe verurteilt. Der Anklagepunkt lautete auf "Zersetzung der Wehrkraft". Frau Huber musste 12 Monate der Strafe verbüßen und wurde am 23. Dezember 1943 aufgrund einer schweren Erkrankung, Lungenerkrankung, bedingt entlassen. Während ihrer Haft wurde sie sowohl seelisch als auch körperlich stark beansprucht und litt unter den Folgen dieser Strapazen. Elisabeth Hafner (1875–1969) Frau Elisabeth Hafner wurde am 5. März 1875 in Meran geboren. Sie war unverheiratet und lebte als Altersrentnerin im Föhrenweg Nr. 18 in Absam. Bekannt war sie für ihre streng religiöse Einstellung und ihre klare Ablehnung der nationalsozialistischen Ideologie. Aufgrund ihrer Haltung wurde sie als Nazigegnerin angesehen. Im Januar 1943 erfolgte ihre Verhaftung durch die Gestapo in Innsbruck wegen des Vorwurfs der Zersetzung der Wehrkraft. Nach 16 Tagen in Haft wurde sie wieder entlassen, doch ihre Bekenntnisse und ihre Verbreitung einer schriftlichen Wahrsagung der Hl. Ottilia aus dem Jahr 720, in der der Verlust des von Hitler angezettelten Krieges für Deutschland und Österreich prophezeit wurde, führten im Mai 1943 zu ihrer Verurteilung vor dem Sondergericht in Innsbruck zu einer einjährigen Gefängnisstrafe. Am 10. Mai 1943 begann sie ihre Haft im Gerichtsgefängnis in Laufen, Bayern. Nach vier Monaten wurde sie ins Gefängnis nach Deggendorf, im Bayerischen Wald, verlegt, wo sie die restlichen acht Monate bis zum 17. Oktober 1944 verbüßte. Es ist anzuerkennen, dass Frau Elisabeth Hafner aufgrund ihrer religiösen Überzeugungen und ihrer Ablehnung des Nationalsozialismus Widerstand leistete, indem sie Prophezeiungen und Informationen verbreitete, die dem Regime widersprachen und zur Zersetzung der Wehrkraft beitragen sollten. (Quelle: Schreiben des Gendarmerie Posten Kommandos Solbad Hall, Bezirk-Innsbruck, Tirol an die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 24. Februar 1947, Zahl Nr. 1161/47a Rosa Brindlmayer (1896-?) In einer Zeit, in der der Nationalsozialismus in Österreich fest verwurzelt war, wagte eine Frau namens Rosa Brindlmayer eine unkonventionelle Art des Widerstands gegen das NS-Regime. Sie war die Ehefrau von Johann Brindlmayer, einem Veteranen des Ersten Weltkriegs, der für seine Tapferkeit die Goldene Tapferkeitsmedaille erhalten hatte. Trotz seiner Auszeichnung wurde Johann Brindlmayer aufgrund seiner antinationalsozialistischen Überzeugungen aus dem Militärdienst entlassen und fand eine Anstellung als Militärbeamter in der Militärbauabteilung in Innsbruck. Am 8. Januar 1943 geriet das Leben dieser Familie in eine Krise, als Rosa Brindlmayer von der Gestapo in Innsbruck festgenommen wurde. Der Grund für ihre Verhaftung war ihre Verbreitung einer antinationalsozialistischen Prophezeiung und kritische Bemerkungen über den nationalsozialistischen Staat. Nach ihrer Verhaftung verbrachte sie fünf lange Monate in Untersuchungshaft, erst im Polizeigefängnis Innsbruck und dann vor dem Landesgericht Innsbruck. Schließlich wurde sie zu einer dreijährigen Zuchthausstrafe verurteilt und verbüßte ihre Strafe in den Gefängnissen von Augsburg, Nürnberg und Deggendorf. Während Rosa Brindlmayer im Gefängnis war, musste ihre Tochter aus der Mittelschule entlassen werden, um den Haushalt zu führen und die Familie zu unterstützen. Gleichzeitig kämpfte ihr Sohn seit dem 4. Januar 1940 an der Front für die Wehrmacht und durchlitt den Schrecken des Zweiten Weltkriegs. Er kämpfte in Frankreich, Jugoslawien und Russland und erlitt schwere Verwundungen, darunter war er vier Monate in Stalingrad und wurde bei Dnjepropetrowsk schwer verwundet. Die Geschichte dieser Familie ist ein beredtes Zeugnis für den Mut und die Entschlossenheit, die einige Menschen in einer dunklen Zeit aufbrachten, um für ihre Überzeugungen einzustehen und sich gegen eine totalitäre Ideologie zu wehren. Rosa Brindlmayer und ihre Familie zahlten einen hohen Preis für ihre Haltung, aber ihre Geschichte erinnert uns daran, dass es immer Menschen gibt, die sich dem Unrecht widersetzen, selbst wenn die Zeiten düster sind. Maria Graf
Beim Widerstand von Einzelnen zeigt sich ein ambivalentes Verhalten, das von der Verweigerung des Hitlergrußes bis hin zu devianten Äußerungen und das Abhören von Feindsendern reichte. Als Beispiel ist eine Frau aus Absam zu nennen, die sich vehement weigerte den Hitlergruß auszuführen und deshalb von BDM-Mädchen mehrmals provoziert und angezeigt wurde. Es erhielt sich ein Schreiben des Bürgermeisters Ing. Heinz Bauer von Solbad Hall an den Gendarmerie Posten folgenden Inhalts: „Mit der Bitte um Einschreiten in folgender Angelegenheit: Maria Graf geb. Wirtemberger in Absam Nr. 181 (gegenüber Gasthaus Ebner) ist als unleidige Person bekannt. Wenn BDM, welche den Auftrag und die selbstverständliche Pflicht haben, mit Heil Hitler zu grüßen, diese auf diese Art grüßen, dann tut sie empört und trägt den Mädchen Ohrfeigen an. Daraufhin wurde sie zur Rede gestellt und erklärte, dass sie diesen Gruß als Vopperei auffasst. Ich habe Sie schon vor langer Zeit zum persönlichen Erscheinen vorgeladen, um ihr den Standpunkt klarzumachen, doch ist sie nicht erschienen. Ich bitte daher die Obgenannte ganz entschieden zur Rede zu stellen, wobei darauf Bedacht zu nehmen sein dürfte, zu erfahren, ob sie boshaft oder tatsächlich nur verkalkt ist. Solbad Hall i. T. am 25.VI. 1940, Der Bürgermeister i. A. (Unterschrift unleserlich), Stadt Solbad Hall Stempel, sowie Stempel Gendarmerie Posten Solbad Hall, Landkreis Innsbruck, Reichsgau Tirol-Vorarlberg, empf. 26.6.1940, Nr. 4012.“
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