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Wappen der K.Ö.St. V. Sternkorona Hall in Tirol. Archiv der Sternkorona Dr. Paul Torggler Innsbruck. Die Sternkorona Teil IAus einer 1888 von Priester Nikolaus Recheis gegründeten Tischgesellschaft am Haller Franz-Josef-Gymnasium erwuchs die Studentenverbindung Sternkorona. Den Namen verdankt sie ihrem ersten festen Versammlungsort, dem Gasthaus „Stern“, das ab 1889 zum Mittelpunkt des gemeinschaftlichen Lebens wurde. Foto: Gasthaus Stern. Privatarchiv Walder Hall in Tirol. Zivilcourage und Widerstand 1938–1945Die Zeit des Nationalsozialismus stellte eine der dunkelsten Prüfungen für die österreichische Gesellschaft dar. Das Regime forderte bedingungslosen Gehorsam und versuchte, alle Bereiche des Lebens gleichzuschalten – auch das Bildungswesen und das Vereinsleben. In diesem Klima des Drucks und der Angst waren mutige Haltung und widerständisches Handeln alles andere als selbstverständlich. Dieses Kapitel widmet sich den Menschen, die dennoch den Weg des Widerstands gingen. Verbot und Verfolgung: Die Sternkorona 1938-1945In der Zeit von 1938 bis 1945 ereigneten sich politische Ereignisse, die für die Sternkorona nicht ohne Folgen blieben. Vor allem die jüngeren Bundesbrüder waren enttäuscht über den Anschluss Österreichs am 12. März 1938 an das Deutsche Reich. Die NS-Machthaber verboten Studentenverbindungen, beispielsweise die Sternkorona und diese musste ihr Vereinsleben einstellen. Im Juni 1938 hätte das 50. Stiftungsfest stattfinden sollen, worauf sich die Aktivitas mit ihrem Senior Dr. Rudolf Schiessl v/o Volker und die Altherren unter Philister Senior Dr. Josef Gruber v. Dr. cer. Rüdiger vorbereitet hatten. Es wurden 1781,88 Vorkriegsschillinge (nach heutigem Geldwert € 6666, 93 bzw. Schilling 91 738, 94) zum Großteil von der SA beschlagnahmt und ein Restbetrag ging an die Stadtgemeinde Solbad Hall. Nach der Auflösung der Sternkorona trafen sich die Bundesbrüder im Gasthaus Traube oder im Gasthaus Hallerhaus bis Ende 1938. „Das Haus ist zerfallen – was hat´s dann für Not? Der Geist lebt in uns allen und unsere Burg ist Gott! Diese Strophe beschreibt, wie sich die Bundesbrüder im März 1938 fühlten. Der Anschluss Österreichs ans Deutsche Reich war vollzogen. Das Franziskaner Gymnasium in Hall wurde in eine Oberschule für Jungen und Mädchen umgewandelt. Die Sternkorona hörte auf zu bestehen. Diese Zeit von 1938 bis 1945 waren die schwersten sieben Jahre, die die Bundesbrüder erlebten. Viele ihrer Mitglieder erlitten berufliche Diskriminierung, verloren ihren Posten, oder wurden zur Wehrmacht eingezogen. Einige wurden dauerhaft von der Gestapo überwacht, andere erhielten den Gauverweis. Dies betraf vor allem diejenigen der Priester unter den Bundesbrüdern, die sich gegen die nationalsozialistische Regierung stellten. Es waren 16 Priester, die von den Nationalsozialisten verfolgt wurden. Märtyrer der Gewissenstreue- Pallottiner Pater Franz Reinisch (1903 – 1942)Foto Franz Reinisch. Online unter: https://www.franz-reinisch.org (Stand: 8..8.2024). Quelle: Wopfner, Helmut (Hrsg.): Unsere Sternkorona Hall in Tirol. Mitgliederverzeichnis 1888 – 1998. Thaur 1998, S.102. Die bekannteste Persönlichkeit ist wohl Pallottiner Pater Franz Reinisch (1903–1942). Franz Reinisch verweigerte den Eid auf den Führer aus Gewissensgründen. Er wurde verhaftet, vor ein Kriegsgericht gestellt und wegen Wehrkraftzersetzung zum Tod verurteilt. Am 21. August 1942 wurde er in Brandenburg–Görden enthauptet. (Siehe eigener Blogeintrag) Josef Anton Geiger (1880-1945) Foto: Josef Anton Geiger. Online unter, {https://oecv.at/Biolex},{ https://oecv.at/Biolex/Detail/14101282}, (Stand: 8.8.2024). Quelle: Geiger, Josef Anton: Wopfner,Helmut (Hrsg.): Unsere Sternkorona Hall in Tirol, Mitgliederverzeichnis 1888 – 1998, Thaur 1998, S.57. Der Priester Josef Anton Geiger, der während des austrofaschistischen Ständestaates (1934–1938) politisch aktiv gewesen war, zog auch nach dem „Anschluss“ Österreichs die Feindschaft des NS-Regimes auf sich. Seine frühere regimekritische Haltung und sein Engagement für ein unabhängiges Österreich machten ihn zu einer Zielperson. Im Jahr 1940 wurde er aus politischen Gründen vom nationalsozialistischen Justizapparat verfolgt und zu 18 Monaten Zuchthaus verurteilt – einer besonders harten Haftform für sogenannte „politische Schutzhäftlinge“. Zusätzlich wurde über ihn das sogenannte „Ostmark-Verbot“ verhängt, das ihm nach Verbüßung der Haftstrafe die Rückkehr in seine Heimat Österreich untersagte. Diese Verbannung schnitt ihn von seiner geistlichen und sozialen Heimat ab. Josef Anton Geiger überlebte die Haft, doch die entbehrungsreiche Zeit im Zuchthaus und die seelischen Qualen der Verbannung hinterließen irreversible körperliche und psychische Schäden. Er starb schließlich im Oktober 1945 in Würzburg an den Spätfolgen der erlittenen Verfolgung – ein indirektes Todesopfer des NS-Terrors, das die Befreiung nur um wenige Monate überlebte. Prämonstratenser Anton Plattner (1906 – 1958) Foto: Anton Plattner. Quelle: Wopfner,Helmut (Hrsg.): Unsere Sternkorona Hall in Tirol, Mitgliederverzeichnis 1888 – 1998. Thaur 1998, S.156. Plattner Anton OPräm. (1906–1958) wurde als Pfarrer von Amras/Tirol zahlreichen Verhören und Hausdurchsuchungen unterzogen, bevor er 1939 und 1941 in Innsbruck in Polizeihaft genommen wurde. (siehe eigener Blogbeitrag) Karl Schumacher (1897–1991) Foto Karl Schumacher (Sterbebild) In: Diözesanarchiv Innsbruck. Quelle: Wopfner ,Helmut (Hrsg.): Unsere Sternkorona Hall in Tirol. Mitgliederverzeichnis 1888 – 1998. Thaur 1998, S.86. Pfarrer Karl Schumacher (1897–1991) wurde 1938 einige Tage wegen eines belauschten politischen Gesprächs von der Gestapo inhaftiert. 1939 wurde er neuerlich festgehalten, weil er nach dem Polenfeldzug die Glocken der Serviten Kirche in Innsbruck nicht läuten ließ. Er war der Bruder des Haller Widerstandskämpfers Dr. med. Viktor Schumacher. (Siehe Blogbeitrag: Dr. med. Viktor Schumacher) Prämonstratenser Vinzenz Moser (1881–1945) Foto von Prämonstratenser Vinzenz Moser. In: Privatarchiv der Sternkorona Dr. Paul Torggler Innsbruck. Quelle: Wopfner, Helmut (Hrsg.): Unsere Sternkorona Hall in Tirol. Mitgliederverzeichnis 1888 – 1998. Thaur 1998, S.38. Vinzenz Moser, Chorherr des Prämonstratenserordens, wirkte als Pfarrer in Tulfes bei Hall in Tirol. In einer Zeit, in denen die Nationalsozialisten versuchten, die Kirche zum Schweigen zu bringen, bezog er mutig Stellung. Im Jahr 1940 hielt Pfarrer Moser eine Predigt, in der er die unchristlichen Grundsätze und Verbrechen des NS-Regimes offen anprangerte. Dies blieb nicht ungehört; das Regime reagierte umgehend mit Härte. Noch am selben Tag wurde er verhaftet und für 10 Wochen inhaftiert. Diese Inhaftierung war eine gezielte Maßnahme des Terrors, um andere Geistliche einzuschüchtern und jeden öffentlichen Widerspruch im Keim zu ersticken. Die ständige Verfolgung und die erlittenen Repressalien hinterließen tiefe Spuren. Vinzenz Moser starb 1945, kurz nach der Befreiung, an den Folgen der während der NS-Herrschaft erlittenen körperlichen und seelischen Strapazen. Pfarrer Franz Josef Waitz (1909–1989) Foto Franz Josef Waitz. In: Privatarchiv der Sternkorona Dr. Paul Torggler Innsbruck. Quelle: Wopfner, Helmut (Hrsg.): Unsere Sternkorona Hall in Tirol. Mitgliederverzeichnis 1888 – 1998. Thaur 1998, S.133. Franz Josef Waitz aus Hall war als Pfarrer von Ochsengarten im Ötztal seelsorgerisch in einer abgelegenen Gemeinschaft tätig. Gerade in solchen ländlichen Räumen übten regimekritische Pfarrer großen Einfluss aus und standen daher im Fokus der NS-Überwachung. Im Jahr 1941 wurde Waitz verhaftet und für zehn Tage im Polizeigefängnis Innsbruck inhaftiert. Diese Inhaftierung war eine gezielte Maßnahme des Regimes, um unliebsame Geistliche einzuschüchtern und von weiterer oppositioneller Tätigkeit abzuhalten. Sie unterstreicht den permanenten Druck, dem selbst Pfarrer in abgelegenen Alpentälern ausgesetzt waren, und den hohen Stellenwert, den die Nationalsozialisten auf die Kontrolle jedes öffentlichen Wortes legten. Dr. jur. can. Walter Waitz (1902–1979) Foto Dr. jur. can. Walter Waitz. In: Privatarchiv der Sternkorona Dr. Paul Torggler Innsbruck. Quelle: Dr. jur. can. Walter Waitz. In: Wopfner, Helmut (Hrsg.): Unsere Sternkorona Hall in Tirol. Mitgliederverzeichnis 1888 – 1998. Thaur 1998, S.101. Der unerschütterliche Widerstandskämpfer und Sternkorona-Bundesbruder Dr. Walter Waitz wurde als Religionslehrer von den NS-Behörden entlassen und mehrfach inhaftiert. Seine mutigen Predigten gegen das Regime führten zu Kanzelverbot und Gauverweis. Sein Leben steht beispielhaft für den kirchlichen Widerstand in Tirol. Mehr in unserem Blogbeitrag: "Dr. Walter Waitz - Ein Leben im Widerstand" Franziskaner-Pater Honorius Hohlbrugger (1904-1993) Foto Hohlbrugger P. Honorius OFM. In: Landesarchiv der Tiroler Franziskaner Provinz in Hall in Tirol. Franziskaner-Pater Honorius Hohlbrugger (1904-1993), OFM, war Aushilfspater in Hall in Tirol. Vom 10. bis zum 30. Dezember 1939 und vom 30. Dezember 1939 bis zum 12. Januar 1940 wurde er am LG Innsbruck in Polizeigewahrsam genommen. Am 30. März 1940 erging ein Urteil des Landesgerichts Innsbruck gegen Pater Honorius Hohlbrugger OFM aus Hall. Das Urteil wurde gemäß § 130a des Reichsstrafgesetzbuches (RStGB) wegen Kanzelmissbrauchs und des Heimtücke-Gesetzes gefällt: „Am 10.12.1939 hielt der Beschuldigte in der Pfarrkirche in Hippach eine Predigt über Math. Kap. 11, 2-10. [...]Im Zusammenhang damit, dass man keine Menschenfurcht haben solle, sprach der Beschuldigte auch übe die Kindererziehung und sagte dabei wörtlich: `Die heutige Jugend wird zu Satanskindern (oder wie Satanskinder) erzogen `. [...]`Wenn manche versuchen den Kindern die Religion aus dem Herzen zu reißen, und wir am religiösen Leben immer weiter zurückgehen, so kann es passieren, daß [dass] in zehn Jahren die Kirchen geschlossen sind, die Kreuze entfernt und statt derselben Satanszeichen aufgestellt sind. Im christlichen Leben müssen alle zusammenstehen, auch die Gemeindevorsteher." Am 30. September 1940 wurde er aus dem Haller Franziskanerkonvent vertrieben, als das Kloster von der NS-Behörde aufgehoben wurde. (siehe eigenen Blogbeitrag) Ivo Zeiller-Uchatius (1912-1942) Foto: Ivo Zeiller Uchatius. In: Wopfner,Helmut (Hrsg.): Unsere Sternkorona Hall in Tirol. Mitgliederverzeichnis 1888 – 1998. Thaur 1998, S.134. Ivo Zeiller- Uchatius wurde am 10. September 1912 in Heiligkreuz bei Hall in Tirol geboren. Er war Schüler am Franziskaner-Gymnasium in Hall als er bei der Sternkorona rezipiert wurde. Ab Beginn der NS-Herrschaft hielt er in Hall in der Pfarrkirche heimlich Sing-und Bibelstunden mit Jugendlichen ab.
Der Katechet Ivo Zeiler-Uchatius wurde zusammen mit Jugendlichen des Kreises von Dr. Walter Krjanc am 23. März 1939 von der Gestapo verhaftet. Daraufhin verschärfte die Gestapo ihre Vorgehensweise gegenüber der Pfarrjugend. Die Jugendlichen durften nur mehr in Begleitung eines Erwachsenen die Pfarrkirche betreten. Ivo Zeiller-Uchatius kam als Pfarrprovisor nach Götzens, wo er erkrankte und 5. Dezember 1942 verstarb. (siehe Blogbeitrag: Junge Katholiken im Widerstand)
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