Foto Johanna Wagner, Tiroler Landesarchiv, ATLR Va.+Vf.-Opferfürsorge 1148 Johanna Wagner (1922-1990)- eine starke und mutige Frau Die 17-jährige Johanna/Hanna Wagner kam im Februar 1939 aus Berlin nach Solbad Hall. Sie besuchte die Oberschule für Jungen und Mädchen, vorher Franziskaner-Gymnasium. Dort kam sie mit Peter Zwetkoff in Kontakt. Aufgrund ihrer antinationalsozialistischen Äußerungen erhielt sie ein Schulverbot von Prof. Karl Cora (1880-1966), Direktor der Oberschule für Knaben und Mädchen (ehemals Franziskaner-Gymnasium in Solbad Hall). Zitat: "Ihre Ansichten wurden dem Schuldirektor, einem glühenden Nationalsozialisten zugetragen ...." (E-Mail: Harald Stockhammer vom 26.5.2024) Ihr Vater hatte sie in der nationalsozialistischen Erziehungsanstalt Salem, Baden-Württemberg, in der Nähe des Bodensees, angemeldet. Sie verweigerte den dortigen Schulbesuch und blieb in Tirol. Daraufhin kehrte Johanna zu ihrer Mutter nach Berlin zurück, um dort vor dem Jugendgericht das Recht auf die Unterhaltszahlungen, die ihr Vater ihr verweigerte, zu erreichen. Das Gericht sprach ihr den Unterhalt zu, sodass sie nach Tirol zurückkehrte. Sie konnte an der "Oberschule für Jungen und Mädchen" (vormals Paulinum) in Schwaz das Abitur ablegen. (E-mail: Sabine Wallinger vom 30. Mai 2024) Johanna Wagner kam 1943 nach Solbad Hall zurück, um ihr Studium der Medizin in Innsbruck zu beginnen. Dort traf sie auf Michael Zwetkoff, und sie begannen gemeinsam zu lernen und sich gegenseitig zu unterstützen. Bei diesen Zusammenkünften entschloss sich Johanna, aktiv am Widerstandskreis der Brüder Zwetkoff teilzunehmen. Johanna übernahm die gefährliche Aufgabe in ihrer Wohnung in Solbad Hall Flugblätter zu drucken und diese auch zu verteilen. Außerdem versorgte sie Kriegsgefangene mit Lebensmitteln. Die Brüder Zwetkoff hatten bereits Kontakte zur Widerstandsgruppe in Piburg (Ötztal) geknüpft. Woraufhin Johanna mit ihrem Rad Lebensmittel und Munition 77 km nach Piburg transportierte. Sie erhielt die Waffen und die Munition von der sozialistischen Widerstandsgruppe, allesamt Reichsbahn Bedienstete, die genau wie Johanna in Rüstungsbetrieben arbeiteten. (siehe Blogeintrag Sozialistische Widerstandsgruppe) Sie wurde am 7. November 1944 von der Gestapo verhaftet und bis zum 19. Jänner 1945 in Innsbruck festgehalten. Sie nahm die ganze Schuld auf sich und sollte nach Wien vors Volksgericht gebracht werden. Durch das Vortäuschen einer Geisteskrankheit, die ihr von einem befreundeten Arzt bestätigt wurde, konnte sie dem Todesurteil entgehen. Nach dem Ende des Krieges wurde ihr von Anton Haller, dem Leiter der Haller Widerstandsbewegung, bestätigt, dass sie sich: "in der österreichischen Widerstandsbewegung im höchsten Ausmaße unter mehrmaligem Einsatz ihres Lebens bewährt hat." (Tiroler Landesarchiv ATLR Va.+Vf.-Opferfürsorge 1148) Elisabeth Klamper, NS-Terror. Morde und Misshandlungen, in: Dokumentationsarchiv des österr. Widerstandes (Hrsg.), Widerstand und Verfolgung in Tirol 1934 - 1945, Eine Dokumentation (2), Wien/München 1984, S. 531- 552, hier S. 547. Johanna Wagner in: Wallinger, Sabine (2022): „Die Borniertheit des Nationalsozialismus“. In: Der Standard (Beilage Album), 10.12.2022, A4 - A 5. Zitat: „Im Tiroler Widerstandsnarrativ nimmt Johanna Wagner keinen Platz ein. Weder sie noch ihre engsten Mitkämpfer haben sich später öffentlich laut zu ihren Untergrundaktivitäten geäußert. Widerstand gegen das Nazi-Regime blieb schambehaftet, besonders, wenn er nicht religiös motiviert war. Obwohl ich mit Johanna jahrelang befreundet war, erwähnte sie mir gegenüber nur einmal, sie habe `damals` für hungernde Kriegsgefangene Knödel gerollt und sei dafür mit Freunden in Gestapo Haft geraten.“ (Sabine Wallinger, Frauen im Widerstand: Johanna Wagner: Die Frau, die mit Maschinenpistolen ins Ötztal radelte. Eine Geschichte über das Nachkriegsschweigen und eine Frau, die ihr Leben riskierte, in: Der Standard, 11. Dezember 2022, Beilage A4 – A5. Online unter,{ https://www.derstandard.at/story/2000141651709/johanna-wagner-die-mitmaschinenpistolen-ins-oetztal-radelte}, (Stand 26.5.2024) Sabine Wallinger, Johanna Wagner: „Die Borniertheit des Nationalsozialismus“ in: Horst Schreiber/Elisabeth Hussl (Hrsg.), Michael Gaismair Jahrbuch 2024. Online unter, {https://www.erinnern.at/bundeslaender/tirol/artikel/gaismair-jahrbuch-2024-alles-in-ordnung}, (Stand 2. Juni 2024) Sabine Wallinger, Frauen im Widerstand: Johanna Wagner: Die Frau, die mit Maschinenpistolen ins Ötztal radelte. Eine Geschichte über das Nachkriegsschweigen und eine Frau, die ihr Leben riskierte, in: Der Standard, 11. Dezember 2022, Beilage A4 – A5. Online unter,{ https://www.derstandard.at/story/2000141651709/johanna-wagner-die-mitmaschinenpistolen-ins-oetztal-radelte}, (Stand 26.5.2024) Quelle: Anita Pfister/Paul Schäfer, Die Widerstandsgruppe um Michale und Peter Zwetkoff, in: Larcher, Agnes, (Hrsg.), Untersuchungen zur Haller Widerstandsbewegung zwischen 1938 – 1945. Gemeinschaftsarbeit der Schüler des III. Jahrgangs der Haller Bundes-Handelsakademie Hall in Tirol im Rahmen der Aktion „Schüler forschen Zeitgeschichte.“ Hall in Tirol 1978, S. 26-33, hier S. 29-33. Quelle: Maturazeugnis Johanna Wagner, vom 24.3.1942, in: Privatarchiv Sabine Wallinger. Quelle: TLA Ansuchen um Staatsbürgerschaft Johanna Wagner 1946, in: Privatarchiv Sabine Wallinger. Quelle: TLA, Ansuchen um Staatsbürgerschaft 1946 von Johanna Wagner, in: Privatarchiv Sabine Wallinger. Quellen: Drei Fotos von Johanna Wagner in Riga beim internationalen Motocross Rennen, 1957 in: Privatarchiv Sabine Wallinger. Letztes Foto, oben, Johanna Wagner mit Dolmetscherin in Riga, in: Privatarchiv Sabine Wallinger.
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