Koop.Dr. Nikolaus Pfeifauf und Kaplan Dr. Hermann Blassnig In der dunklen Zeit des Nationalsozialismus gab es zwei mutige Priester in Solbad Hall, die sich unerschrocken für Menschlichkeit und Meinungsfreiheit einsetzten. Trotz der Bedrohung durch das NS-Regime und dessen Verfolgung von Andersdenkenden und Minderheiten, wagten es diese beiden Männer, ihre Stimme zu erheben und sich für die Rechte und Würde jedes Einzelnen einzusetzen. Mit ihrem unerschütterlichen Glauben und ihrem tiefen Verständnis für die Bedeutung von Freiheit und Gleichheit, setzten sie ein Beispiel für alle, die sich gegen Tyrannei und Unterdrückung erheben. Mögen wir ihre tapferen Taten niemals vergessen und uns von ihrem Mut und ihrer Entschlossenheit leiten lassen, uns für eine gerechte und freie Welt zu engagieren. Am 29. Juli 1934 feierte Koop. Dr. Nikolaus Pfeifauf, Sohn des Professors Alois Pfeifauf aus Hall, seine Primiz in Absam. Von April 1938 bis 1946 war er Kooperator in Solbad Hall. Kaplan Dr. Hermann Blassnig war vom September 1939 bis September 1945 in Solbad Hall. Kaplan Dr. Hermann Blassnig und Kooperator Dr. Nikolaus Pfeifauf führten in Solbad Hall heimliche Sing-und Gebetsstunden mit katholischen Jugendlichen durch. Dabei übermittelten sie Predigten des bekannten Bischofs Galen an die Teilnehmer. Diese Aktivitäten wurden von den nationalsozialistischen Behörden als illegal angesehen und führten zur Verhaftung von Dr. Blassnig und Dr. Pfeifauf durch die Gestapo am 26. Oktober 1941. Sie wurden ins Polizeigefängnis Innsbruck transportiert und vom Gestapo Leiter selbst verhört. Nach drei Tagen scharfen Verhörs wurden sie unter Auflagen und strenger Beobachtung durch die Gestapo wieder nach Solbad Hall entlassen. Bischof Galen wurde der „Löwe von Münster“ genannt, weil er öffentlich die Euthanasiepraxis der Nationalsozialisten als Massenmord bezeichnete. Er verfasste geheime Predigten, die von den beiden Priestern in Hall verteilt wurden. Bischof Galen erhielt für seine Tätigkeit die Ehrendoktorwürde der Theologischen Fakultät der Universität Innsbruck, woraufhin diese von den NS-Behörden als einzige im deutschen Sprachraum geschlossen wurde. Quelle: Präsidialakt Heinrich Andergassen 1233/46 in: Historisches Archiv der Landespolizeidirektion Tirol. Gestapo Beamter Heinrich Andergassen (1908-1946)Heinrich Andergassen war Gestapobeamter, der in Hall geboren wurde und auch wohnte. Seine Eltern waren der Polizist August Andergassen und seine Mutter Maria Andergassen. Er war überzeugter Nationalsozialist, Mitgliedsnummer 6. 181.471 (Bundesarchiv R 9361-IX Kartei 480008) und wurde am 15. November 1939 in die Waffen SS aufgenommen (Bundesarchiv R 9361-III 2304). Andergassen arbeitete bei der Ausforschungsabteilung der Kriminal Polizei in Innsbruck. Er wird als Mann mit zwei Gesichtern beschrieben. Zum einem warnte er die Opfer vor einer bevorstehenden Verhaftung durch die Gestapo, beispielsweise Dr. Nikolaus Pfeifauf. Zum anderen gingen diese Verhaftungen von ihm selbst aus, sodass er sich sehr freundlich zeigte, aber die Personen auf sein Betreiben hin festgenommen wurden. (Siehe Blogeintrag Dr. Ernst Verdross) Seit dem Jahr 1943 befand er sich in Meran, als dessen SD-Leiter er ernannt wurde. Unter seiner Leitung wurden die letzten in Meran verbliebenen jüdischen Angehörigen deportiert. Anschließend erhielt er den Posten des Judenreferenten beim Kommando der Sicherheitspolizei und des Sicherheitsdienstes Operationszone Alpenvorland mit Sitz in Bozen. Der italienische Widerstandskämpfer Manlio Longon wurde von Heinrich Andergassen am 1. Jänner 1945 nach tagelanger Folter durch Heinrich Andergassen und anderen, im Keller des Bozner Armeekorps auf Befehl von Gestapo Chef August Schiffer, erhängt. Der OSS Offizier Roderick Hall wurde in Cortina D`Ampezzo am 26. Jänner 1945 festgenommen und nach wochenlangen Verhören und Folterungen am 19. Februar 1945 von Heinrich Andergassen, auf Befehl von August Schiffer, mit Hilfe von Oberscharführer Albert Storz, erdrosselt. Heinrich Andergassen wurde nach seiner Flucht nach Innsbruck im Mai 1945 von den US-amerikanischen Behörden festgenommen und nach Neapel gebracht. Das Kriegsverbrechertribunal in Neapel verhängte die Todesstrafe durch Erhängen über Heinrich Andergassen. Pfarre und Dekanat Hall in Tirol (1938 - 1945)Foto Eingang Pfarrkirche St. Nikolaus (August 2023). Privatarchiv K. Walder Hall in Tirol. Schon bald nach der Angliederung an das Deutsche Reich bildeten sich in Hall in Tirol zahlreiche NSDAP-Vereine. Vor allem die Jugend wandte sich der HJ-Hitlerjugend und dem NSDM-Nationalsozialistischen Mädchenverband zu. Die Treffen in diesen Vereinen sorgten dafür, dass Jugendliche von religiösen Aktivitäten wie Messbesuchen, Ministrieren oder Jungschar-Zusammenkünften abgehalten wurden - oft genau zu den Zeiten, in denen diese stattfanden. Diese Umstände führten dazu, dass bereits Mitte März 1938 in der Pfarrchronik vermerkt wurde, dass "der glaubenslose Geist der Jugend eingehämmert wurde". Zu dieser Zeit war Dekan Reinthaler bereits schwer krank, weshalb die Seelsorgearbeit von Kopp. Josef Lambichler, Koop. Dr. Hermann Blassnig und Dr. Hellrigl, später ersetzt durch Dr. Nikolaus Pfeifauf im Jahr 1939, geleistet wurde. Sogar der pensionierte Pfarrer Anton Halbeis wurde wieder in die Seelsorge eingebunden. Dank des Einsatzes dieser Haller Geistlichen konnte das kirchliche Leben trotz Repressalien weitergeführt werden. Trotz des Verbots jeglicher christlicher Aktivitäten kam es zu abweichendem Verhalten in der Haller Bevölkerung, die sich ihren Glauben durch die neuen Machthaber nicht nehmen ließ. Es wurde sowohl in den Kirchen als auch außerhalb viel gebetet, mehr, als man vielleicht annehmen würde. Dr. Blassnig hielt heimlich Bibelstunden im Seegerhaus (im Besitz der Tertiarschulschwestern) und in der Kirche ab. Prof. Pfeifauf organisierte eine kleine Gruppe der Jungfrauen-Kongregation in Annenheim für Gebet und Besinnungsübungen. Er verfasste Rundbriefe, die die Verbindung zu anderen Mitgliedern herstellten. Parallel dazu wurden die Geistlichen in Hall in Tirol von der NS-Behörde überwacht. Einige von ihnen wurden mehrmals von der Gestapo verhört und ihre Tätigkeiten genau beobachtet. Trotz dieser Überwachung und der unangekündigten Verhöre leistete die Haller Pfarrgeistlichkeit einen wichtigen Beitrag zur Aufrechterhaltung der oppositionellen Haltung der Kirchengänger gegenüber dem NS-Regime. Das Jahr 1939 brachte bedeutende Veränderungen, sowohl für Hall aus staatlicher Sicht als auch für die gesamte Katholische Kirche. Zunächst verstarb Papst Pius XI. (1857–1939), der sowohl den Nationalsozialismus als auch den Kommunismus ablehnte. Als sein Nachfolger wurde Papst Pius XII. Eugenio Pacelli (1876–1958) gewählt. Pacelli war mit den deutschen Verhältnissen bestens vertraut, da er von 1917 bis 1929 als päpstlicher Nuntius in Deutschland tätig war. In dieser Zeit hatte er die schwierige Aufgabe, die Amtskirche zu leiten. Im gesamten Deutschen Reich erfolgte eine Trennung von Kirche und Staat. Das bedeutete, dass sämtliche finanziellen Unterstützungen seitens des Staates und der Städte für die Amtskirche eingestellt wurden. Dies galt auch für private Stiftungen und allgemeine staatliche Zuwendungen. Nun waren die Katholiken selbst verantwortlich für die Finanzierung der Kirchen, Pfarrhäuser und Priester. Um dies den Gläubigen aufzubürden, führte das Regime von Adolf Hitler am 1. Mai 1939 die Kirchensteuer für das gesamte Reichsgebiet ein. Diese Maßnahme sollte eine schikanöse Behandlung der Katholiken darstellen, da Hitler damit die Amtskirche zu schwächen versuchte. Allerdings gelang es ihm nicht, eine massive Abkehr von der Kirche zu bewirken. Tatsächlich kann das Festhalten an der Zugehörigkeit zur christlichen Glaubensgemeinschaft als Widerstand gegen das Regime betrachtet werden. Eine weitere Beschränkung der kirchlichen Aktivitäten betraf die Einführung des Standesamtes und damit einhergehend die Zivilehe. Ab sofort wurden alle Geburten, Eheschließungen und Todesfälle von den Standesämtern erfasst. Am 1. August 1938 traten in der Ostmark Gesetze über die Zivilstands-Führung für Eheschließungen in Kraft. Konfessionell geschlossene Ehen hatten ab diesem Zeitpunkt keine rechtliche Gültigkeit mehr. Während der Übergangsphase bis zur Einführung der Standesämter am 1. Januar 1939 führten die Ehereferenten in den Bezirkshauptmannschaften die Trauungen durch. Die Bürgermeister waren gleichzeitig Standesbeamte. Die Führung der Geburts- und Sterbebücher lag bis zum 31. Dezember 1938 bei den konfessionellen Behörden. Die rechtliche Grundlage für die Einführung des deutschen Personenstandsgesetzes vom 3. November 1937 (Deutsches RGBI. I 803) in Österreich und die Zweite Verordnung über die Einführung des deutschen Personenstandsrechts in der Ostmark vom 23. Dezember 1938 (Deutsches RGBI. I 1919) wurde geschaffen. Ab dem 1. Januar 1939 übernahmen die Standesämter auch die Führung der Geburts- und Sterbebücher. Von 1939 bis zum 31. August 1943 führten die Standesämter Nummern- und Namensbezeichnungen. Das deutsche Personenstandsgesetz, das 1939 auf die Ostmark angewendet wurde, blieb bis in die Zweite Republik gültig. Ab dem 26. Juni 1945 wurde es durch das Gesetz StGBI Nr. 31/1945 über Maßnahmen auf dem Gebiet des Ehe-, Personenstands- und Erbgesundheitsrechts ergänzt. Die Standesämter wurden 1945 im Zuge der Geschäftsteilung der Magistratsabteilung unterstellt. Quelle: Pfarrchronik 1893-1945, Das Jahr 1939, S. 45 in : Pfarrarchiv Hall in Tirol. Im Jahr 1939 war bereits die Durchführung einer Fronleichnamsprozession, wie sie beispielsweise in Hall in Tirol stattfand, ein deutliches Zeichen der christlichen Verbundenheit und des Widerstands gegen das NS-Regime. Diese Prozession, die früher von der Oberen zur Unteren Stadt und zurück führte, wurde 1939 nur auf dem kürzesten Weg von den Behörden erlaubt. Sie verlief über den langen Graben, durch die Salvatorgasse, über die Ritter Waldauf-Straße zurück zur Pfarrkirche St. Nikolaus. Trotz dieser Einschränkungen erhielt die Prozession eine starke Beteiligung mit zahlreichen Teilnehmern. Es ist wichtig anzumerken, dass die Teilnahme an dieser Prozession als deutlicher Protest gegen die NS-Regierung und ihre Unterdrückungsmaßnahmen zu verstehen ist. Bereits seit der Machtübernahme waren sowohl Einzelpersonen als auch Gruppen aktiv, um die Herrschaft der Nationalsozialisten zu beenden. Besonders hervorzuheben waren jene, die für ein freies Österreich eintraten und sich gegen den Anschluss an das Deutsche Reich aussprachen. Ab Herbst 1938/39 kam den örtlichen Pfarrern und Seelsorgern eine immense Bedeutung als Vorbilder für einen kollektiven katholischen Widerstand zu, insbesondere da es keine oppositionelle Führungsschicht mehr gab. Die Autorin stellt fest, dass sich in Hall in Tirol besonders von Seiten der Seelsorger, Ordensleute und Katholiken ein vehementer Widerstand zeigte. Die Amtskirche verfasste bereits im Jahr 1940 (am 2. März 1940) eine kirchliche Denkschrift über einschränkende Maßnahmen im Bereich des religiös-kirchlichen Lebens innerhalb der Apostolischen Administratur Innsbruck: 1. Schließung von Kirchen und Kapellen: [...] Es wurden folgende Kapellen wurden geschlossen: Die Kapelle am bischöflichen Knabenseminar Paulinum in Schwaz, im Leopoldinum in Hall [...]Kapelle in der Heil-und Pflegeanstalt für Geisteskranke in Solbad Hall, geschlossen und Kaplanei aufgehoben; 2. Von der Geheimen Staatspolizei wurden sämtliche katholische Gesellenvereine in Tirol aufgelöst. Im Bereich der Apostolischen Administratur gilt dies für die Gesellenvereine in Innsbruck, Hall,.... Die katholischen Vereinigungen in Tirol wurden durch eine Verordnung des Reichsstatthalters Franz Hofer vom 15. Januar 1941 aufgelöst. Diese Maßnahme betraf etwa 2151 katholische Gemeinschaften in Tirol und Vorarlberg. Das Vermögen dieser Vereinigungen wurde zugunsten des Aufbaufonds Vermögensverwaltung Wien G.m.b.H. eingezogen. Gauleiter Hofer drohte jedem, der die katholischen Vereine, Standesbündnisse oder Kongregationen aufrechterhielt, mit einer Geldstrafe zwischen 150 und 15.000 Reichsmark und/oder einer Gefängnisstrafe von mindestens einem Monat. Dies führte zu einer starken Einschüchterung und Unterdrückung jeglicher katholischer Aktivitäten und Organisationen in der Region. Anfang November 1939 tätigte Gauleiter Franz Hofer die folgende Weisung zum Verbot gewisser kirchlicher Veranstaltungen durch einige Landräte: „Es sind verschiedentliche Auffassungen zutage getreten darüber, ob die Pfarrjugend ihre Tätigkeit weiter ausüben dürfe oder nicht. Es wird hierzu festgestellt, dass, soweit nicht örtlich von der Geheimen Staatspolizei ausgesprochene Betretungsverbote vorliegen, wie z.B. Bregenz, Hall und Breitenwang, die Pfarrjugend ungehindert in Kirchen zur Ausübung ihrer religiösen Tätigkeit zusammen kommen kann[...][i] [i] Tschol, Die Katholische Kirche. Allgemeine Verfolgungsmaßnahmen, S. 107. DAI, NS-Akten, Abt. 9, Abschrift aus der Gemeinde- Vorstehung Ried. Diese Anordnung lässt erkennen, dass in Hall von der Staatspolizei ein Betretungsverbot für die Kirchen bereits Ende 1939 ausgesprochen wurde. Wohingegen sich erster Widerstand der Haller Pfarrjugend regte. In der Kapelle der Heil- und Pflegeanstalt in Hall kam es ebenso zu einem Verbot der Gottesdienste, wie folgende Memoria der Apostolischen Administratur Innsbruck vom 19.10.1942 berichtet: „Der hochw. [hochwürdige] Herr Dekan und Stadtpfarrer Msgr. [Monsignore]Heinrich Heidegger, Solbad Hall in Tirol, erstattete am 19. Oktober 1942 folgenden Bericht: Am Freitag, den 16. Oktober 1942 bekam das bischöfliche Stadtpfarramt Solbad Hall die Benachrichtigung, daß[dass]mit Wirksamkeit vom 17. Oktober an jeglicher Gottesdienst in der Kapelle der Landesheil-und Pflegeanstalt in Solbad Hall verboten sei. [...] Die Heilanstalt zählt ca. 700 bis 800 Insassen, davon sicher 90% Katholiken, dazu kommen 30 Schwestern. [...][i] [i] Tschol, Die Katholische Kirche. Allgemeine Verfolgungsmaßnahmen, S. 118. Pro Memoria der Apostolischen Administratur Innsbruck betreffend Verbot von Gottesdiensten in der Kapelle der Heil-und Pflegeanstalt in Hall, 19.10.1942. DAI. XIII, 2024. Dieses oben genannte Schreiben verdeutlicht die rigide Vorgehensweise der NS-Machthaber, um jegliche religiöse Aktivität zu unterbinden. Diese restriktiven Maßnahmen betrafen nicht nur die einheimische Bevölkerung, sondern auch die katholischen Fremdarbeiter aus dem Osten. Ein Bericht vom 26. Februar 1943 des Kanzlers der Apostolischen Administratur Innsbruck an die Seelsorger und Kirchenrektoren behandelte das staatliche Verbot der Teilnahme von polnischen Zivilarbeitern und Ostarbeitern an allgemeinen Gottesdiensten: "Aufgrund der erlassenen Erlässe seitens der zuständigen Behörden werden die Gläubigen, insbesondere die katholischen Arbeitgeber, darauf hingewiesen, dass den polnischen Zivilarbeitern, welche die Bezeichnung 'Ost' tragen, die Teilnahme an den allgemeinen Gottesdiensten der deutschen Bevölkerung untersagt ist." Diese Anordnung zeigt die extremen Maßnahmen, die ergriffen wurden, um die soziale und religiöse Trennung zwischen den deutschen Einwohnern und den ausländischen Arbeitskräften zu forcieren. Es verdeutlicht auch, wie tiefgreifend die Kontrolle über das religiöse Leben unter der NS-Herrschaft war, selbst bis hin zur Teilnahme an Gottesdiensten. Quelle: Foto Dekan Reinthaler in: Pfarrchronik 1895-1945, Pfarrarchiv Hall in Tirol. Mit welchen Schikanen die jeweiligen Pfarreien zu rechnen hatten, zeigt folgendes Schreiben von Dekan Wilhelm Reinthaler aus Hall vom 10.10.1939 an die Apostolische Administratur Innsbruck, das die Kreuzentfernung von Kirchengrund betraf: „Der Park ist grundbücherliches Eigentum der Pfarrkirche. Er ist um einen jährlichen Pachtschilling- Recognitionszins von jährlich 25 Schillingen – der Gemeinde verpachtet. Am 28. /September/ brachten städtische Arbeiter das große Cruzifix das in der kleinen Kapelle dort im Park als letzte Erinnerungszeichen der früheren Bestimmung des Platzes als Friedhof noch angebracht war, einfach in den Widum und luden es dort ab. Irgendwelche vorherige Mitteilung hat der Gefertigte nicht erhalten.“[i] Im Dezember 1940 verfasste Dekan Reinthaler einen Weihnachtsbrief für seine Pfarrgemeinde, den er verteilen ließ. Daraufhin wurden er, obwohl er schon schwer krank war, seine Kooperatoren Dr. Hermann Blassnig und Josef Lambichler, sowie drei Ministranten von der Gestapo verhört, weil sie sich gegen nationalsozialistische Gesetze vergangen hätten. (Pfarrchronik, Dezember 1940, S. 48.) [i] Tschol, Die Katholische Kirche. Allgemeine Verfolgungsmaßnahmen, S 131. DAI, XXV, 4396 (39) Quelle: Haller Pfarrchronik 1893 - 1945, Das Jahr 1940, S. 47 in: Pfarrarchiv Hall in Tirol. Der Bericht des Haller Katecheten und Kooperator Albert Schiemer vom 4. 12. 1938, betraf das Verhör des Bezirksschulinspektors Ladstätter. Er gibt Einblicke in den Alltag eines Religionslehrers, der sich nicht um die NS-Anordnungen kümmerte und aus seelsorgerischen Gründen für jedes Kind eintrat:
„Da der Fall allenfalls Folgen hat, möchte ich berichten, dass ich hier in Hall Eltern besucht habe, die ihre Kinder vom Religionsunterricht abgemeldet haben, mit dem Zweck, daß [dass] sie unüberlegte Entscheidungen rückgängig machen sollten. Ich bin nun am 29.11. vor Schulinspektor Ladstätter zitiert und einem Verhör unterzogen worden, dessen Endergebnis der Ausspruch war: `Die Sache wird jedenfalls nicht glatt abgehen !` [...][i] [i] Tschol, Die Katholische Kirche. Allgemeine Verfolgungsmaßnahmen, S. 186. DAI, VI, 6902 (38) Auch wurde den Pfarrern im Land Tirol untersagt, die Sterbesakramente an Kranke zu erteilen, ohne deren schriftliche Einwilligung. Bei der Versetzung in den Ruhestand von Priestern wurde ihnen die Staatspension aberkannt. Wie das Schreiben des Gauleiters von Tirol an Pfarrer Josef Ammann von Mils bei Hall in Tirol vom 8.11.1939 aufzeigt: „Am 21. III. 1938 haben Sie von der Kanzel verkündet, dass in den Krankenhäusern Innsbruck, Wörgl, Schwaz, Kufstein und Hall die Erteilung der Sterbesakramente an die Kranken eine Erschwerung dadurch erfahren habe, dass die Kranken vorher eine schriftliche Erklärung mit ihrer Unterschrift abgeben müssen, dass sie die Sterbesakramente wünschen, da sie ihnen sonst nicht erteilt werden dürfen. Hierdurch erscheinen Sie in politischer Hinsicht belastet, weshalb ich die Einstellung der Auszahlung des freiwilligen Staatszuschusses an Sie mit Wirksamkeit vom 30.IX. 1939 verfüge. Was die Frage Ihrer Versetzung in den Ruhestand betrifft, so fällt diese nicht in meinen Zuständigkeitsbereich, sondern in jenen Ihrer vorgesetzten kirchlichen Behörde. Ich bemerke jedoch, dass aus den eingangs erwähnten Gründen auch im Falle Ihrer Versetzung in den Ruhestand der freiwilligen Staatszuschuss eingestellt bleibt.[i] [i] Tschol, Die Katholische Kirche. Allgemeine Verfolgungsmaßnahmen, S. 193. DAI, XVIII, 3166/4 (39). Wie sich die einzelnen Priester gegen die NS-Macht stellten, zeigt folgendes Urteil des Landesgerichtes Innsbruck gegen Kooperator Vinzenz Pedevilla von Thaur vom 15.10.1941: „Seit 1935 ist er als Kooperator in Thaur tätig. [...]vom 19. bis 20. Oktober 1940 war er wegen demonstrativen Verhaltens gegenüber behördlichen Maßnahmen in Schutzhaft. [...]Am 6. Juni 1941 nachmittags fand in einem Sonderzimmer im Gasthofe Thresl in Heiligkreuz bei Solbad Hall eine Feier anlässlich des 50jährigen Priesterjubiläums des Pfarrers Sebastian Rieger statt, der unter dem Namen Reimichl als Tiroler Mundartdichter bekannt ist. An dieser Feier nahm auch der Angeklagte teil. [...] Pedevilla verließ zwischen 19 und 20 Uhr die Feier. Gleichzeitig kam aus dem Gasthausgarten der Reichsbahner Pichler mit den Eheleuten Kotek und trat ebenfalls auf die Straße[...] Pichler grüßte den Angeklagten mit „Heil Hitler“ welchen Gruß der Angeklagte mit „Scheiß Hitler“ erwidert habe. [...]Pichler brachte den Vorfall zur Anzeige. [...]bestätigt durch die Eheleute Josef und Hilde Kotek. [...][i] Vinzenz Pedevilla (AAI) (geb. 5.5.1901 in Neustift/Stubai), Kooperator in Thaur bei Innsbruck wurde vom 19. bis 21. 10. 1940 in Schutzhaft im Polizeigefangenenhaus Innsbruck (?) genommen. Weiters wurde er am 15.10.1941 wegen Verhöhnung des Hitler-Grußes zu acht Monaten Gefängnis verurteilt. Während des Gefängnisaufenthaltes erlitt er eine Blinddarmentzündung. Er verbrachte vom 14.2.1942 bis 18.3.1942 zwecks Blinddarmoperation in der Chirurgischen Klinik in Innsbruck. Am 28. 1. 1943 verstarb er an den Folgen der Haft. (LGI 544/41; Dok. 459)[ii] [i] Tschol, Die Katholische Kirche. Allgemeine Verfolgungsmaßnahmen, S.213-214. LG Innsbruck, KMs 62/41, 97/41. DAI, NS-Akten, Abt. 4. [ii] Tschol, Die Katholische Kirche. Allgemeine Verfolgungsmaßnahmen, S. 342. 1. Bericht des Gendarmerie-Postenkommandos Ampass an das Bezirksgericht Hall betreffend Denunzierung des Geistlichen Rats und Direktors des Landes-Gehörloseninstituts in Mils bei Hall, Josef Sieberer: „Die Genannten /Hans Dreger, Johann Lahartinger und andere sind dringend verdächtigt, im Jahr 1938 den Josef Sieberer in Mils soweit denunziert zu haben, [...]dass er seine Entlassung und Einstellung der Bezüge hinnehmen musste [...] Als Beweismittel diente dem Gericht folgendes Schreiben: „[...]Allenfalls könnte der Direktor des Landes Taubstummen Institutes, Geistlicher Rat und Regierungsrat Josef Sieberer, ehemals Landtagsabgeordneter, Gemeinderatsmitglied, Arbeitervereinspräses, Sturmscharbezirkskaplan und bekannter früherer scharfer Gegner, in Pension versetzt werden. Er sagt öffentlich, dass er seine Gesinnung nicht mehr ändern werde.“ [...] Gezeichnet wurde das Schreiben mit Heil Hitler, Hans Lahartinger, Gem. Wahlleiter, Bürgermeister, Ortsbauernführer von Mils bei Hall.[i] [i] Tschol, Die Katholische Kirche. Allgemeine Verfolgungsmaßnahmen, S. 224-225. LG Innsbruck, 10 Vr 910/46. Die nächste Denunziation erfolgte gegen den Pfarrprovisor Dr. med. Richard Hellrigl aus Mils im September 1940: „Hans Dreger war illegales Mitglied der NSDAP und als Ortsgruppenleiter der NSDAP in Mils tätig. Er hat sich nach § 11 des Verbotsgesetzes schuldig gemacht. Er hat zur Zeit der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft den Ortspfarrer Dr. Richard Hellrigl in Mils denunziert und bewusst geschädigt. [...]“[i] Dr. med. Richard Hellrigl (AAI) (geb. 28.9.1889 in St. Johann im Pongau), Pfarrprovisor in Mils bei Hall wurde vom 6. – 27.3. 1940 in Polizei Gefängnis Innsbruck wegen Erzählens eines Witzes eingeliefert. Vom 17. – 26. 9. 1940 wurde er wiederum ins Polizei Gefängnis Innsbruck wegen angeblicher Behinderung des Kindergartenbetriebes eingesperrt.[ii] Der Katechet Ivo Zeller-Uchatius (AAI, geb. 10.9.1912 in Hl. Kreuz/Hall) wurde in Hall in Tirol vom 23. – 24.3.1939 eine Nacht mit Jugendlichen wegen Abhaltens einer Glaubensstunde festgehalten. (Dok.85) Kooperator Nikolaus Pfeifauf (AAI, geb. 27.10.1910 in Görz) Kooperator in Hall in Tirol wurde vom 23.4. – 2.5.1941 im Polizei Gefängnis in Innsbruck wegen Abhaltens von Singstunden in der Kirche inhaftiert. Weiters wurde er im vom 27. – 29.10. 1941 Polizei Gefängnis in Innsbruck wegen Verteilens der Bischof Galen Predigten festgehalten. (PKI; Mithäftling von Dr. Hermann Blaßnig, Innsbruck (Schreiben vom 16.2.1974); sowie Paula Niederwolfsgruber (Schreiben vom 26.10.1982))[iii] [i] Tschol, Die Katholische Kirche. Allgemeine Verfolgungsmaßnahmen, S.225. LG Innsbruck, 10 Vr 910/46. [ii] Tschol, Die Katholische Kirche. Allgemeine Verfolgungsmaßnahmen, S. 337. [iii] Tschol, Liste der verhafteten Priester und Ordensleute, S.342-350. Am 29. März 1943 verstarb Pfarrer August Huter. Er war der letzte Oberkaplan der Ritter Waldauf Stiftung in Hall. Er lebte seit dem Jahr 1917 in Hall und leitete als Präses den Katholischen Gesellenverein bis zu seiner Auflösung durch die Nationalsozialisten. Er wurde als "furchtloser, offener Pfarrprediger, als Feuergeist" beschrieben. (Pfarrchronik, Das Jahr 1943, S. 51.)
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