Foto: Provinzhaus der Schwestern vom Hl. Kreuz Hall in Tirol (2023). In: Privatarchiv K. Walder Hall in Tirol. Im Jahr 1870 kamen die ersten Schwestern vom Heiligen Kreuze nach Tirol. Auf Bitten von Moritz Graf Fries entsandte die Gründerin des Ordens, Mutter Maria Theresia Scherer, vier Schwestern für die Hauskrankenpflege nach Meran. Bald darauf wurden weitere Schwestern nach Nordtirol geschickt. Im Jahr 1903 waren bereits 178 Schwestern in 29 Einrichtungen in Tirol und Vorarlberg tätig. Sie engagierten sich in der Krankenpflege, der Betreuung von Armen und im Unterricht. Angesichts der steigenden Anzahl der Schwestern und der vielfältigen Aufgaben wurde im Jahr 1910 in Hall in Tirol der Bau eines eigenen Klosters, dem Provinzhaus der Kreuzschwestern, begonnen. Dieses sollte den Bedürfnissen der wachsenden Gemeinschaft gerecht werden und ihnen ermöglichen, ihre vielfältigen Aufgaben besser zu erfüllen. Räumung des Provinzhauses: Schweizer Eigentum schützt nicht - Lazarett im Provinzhaus: Einsatz von Schwestern verschiedener OrdenDie Kreuzschwestern vom Provinzhaus in Solbad Hall waren in der Zeit von 1938 bis 1945 von ähnlichen Schwierigkeiten, wie alle Haller Klöster betroffen. Obwohl das Kloster Eigentum des Schweizer Mutterhauses des Ordens vom Heiligen Kreuz war, wurde das Provinzhaus und die dazugehörenden Grundstücke von den Nationalsozialisten enteignet. Einschränkende Maßnahmen betrafen auch die Kindergärten, Kinderbewahranstalten und caritative Einrichtungen, die geschlossen werden mussten, wie ein Bericht vom 2.März 1940 aufzeigt: „[...]d) die Kindergärten und Kinderbewahranstalten, die von katholischen Ordensschwestern betreut wurden: aus dem Provinzhaus der Kreuzschwestern in Hall, aus dem Provinzhaus der Tertiarschwestern in Hall, [...]Nähschulen wurden geleitet von den Kreuzschwestern und den Tertiarschwestern in Hall“ [...]" Zusätzlich dazu besaß das Provinzhaus der Kreuzschwestern in Solbad Hall Grundstücke, die von den nationalsozialistischen Behörden zur eigenen Verwendung in Anspruch genommen werden wollten. Ein erhaltener Brief des Provinzhauses der Kreuzschwestern in Solbad Hall, datiert auf den 12. August 1945, dokumentiert die Bemühungen, die konfiszierten Grundstücke durch den Reichsfiskus-Heer wiederherzustellen. In diesem Schreiben wurden die genaue Lage und die Bezeichnung des beschlagnahmten Objekts detailliert festgehalten: Ein Waldgebiet mit einer Gesamtfläche von 2 Hektar, 10 Ar und 77 Quadratmetern, unter der Aktennummer 401 der Katastralgemeinde Hall. Der geschätzte Wert des Grundstücks wurde auf 4.744 Reichsmark beziffert. Es wurde nachdrücklich betont, dass bislang keinerlei Form der Wiedergutmachung erfolgt war, und die Kreuzschwestern ihren Wunsch nach dem Rückkauf des Grundstücks ausdrückten. Foto: Schwester vom Hl. Kreuz Alena Thöny. In: Privatarchiv des Klosters vom Hl. Kreuz in Hall in Tirol. Schwester Alena (Rosa) Thöny wurde am 11. Juli 1912 in Schruns, Vorarlberg, geboren. Nach ihrer Schulzeit unterstützte sie zunächst ihre Eltern in der Metzgerei, sowohl im Büro als auch im Geschäft. Zwischen 1928 und 1930 besuchte sie die Handelsschule im Institut St. Josef in Feldkirch. Ihre Karriere begann bei den Kreuzschwestern in Hall im Jahr 1932. Nach der Ordensausbildung schloss sie die Handelsakademie in Innsbruck ab und erlangte 1938 die Matura. Obwohl sie sich ein Hochschulstudium erhoffte, verhinderte die politische Situation der damaligen Zeit dies. Während der Kriegsjahre arbeitete sie als Sekretärin im Sanatorium Mehrerau/Bregenz und im Reservelazarett im Provinzhaus in Hall. Im Jahr 1944 erkrankte Sr. Alena schwer an einem Rückenleiden, das sie für Jahre ans Bett fesselte. Trotzdem bewies sie Hoffnung, starken Willen und Gottvertrauen, unterstützte alle pflegerischen Maßnahmen und gewann ihre Selbstständigkeit zurück. Ab 1956 unterrichtete sie an der ordenseigenen Haushaltungsschule und führte sie ab 1972 als Direktorin. In den Jahren 1972-1974 erteilte sie Religionsunterricht an der Volksschule Schönegg in Hall. Sr. Alena war eine begeisterte Lehrerin, die ihre vielseitige Begabung in der Schule zum Ausdruck brachte. Die Festgestaltung im religiösen und profanen Bereich lag ihr besonders am Herzen. Neben ihrer Lehrtätigkeit vertiefte sie sich in die Institutsgeschichte und führte jahrzehntelang die Chronik der Provinz Tirol Vorarlberg. Im Jahr 1970 verfasste sie einen umfangreichen Bericht über die Entstehung und Entwicklung der Provinz sowie die Tätigkeiten der Kreuzschwestern in den letzten 100 Jahren, wobei sie besonders die Jahre der nationalsozialistischen Herrschaft und des Zweiten Weltkriegs (1938-1945) ausführlich beschrieb. Die Anerkennung für ihre langjährige Wirksamkeit in der Schule erreichte Sr. Alena im Jahr 1990, als ihr die Verdienstmedaille des Landes Tirol verliehen wurde. Trotz leidvoller Erfahrungen in ihrer ersten Lebenshälfte erlebte sie bis ins hohe Alter erfolgreich und gesegnet Jahrzehnte des Wirkens. Im Jahr 2001 erlitt sie einen Schlaganfall und verstarb am 21. Juli 2005. Von Schwester Alena Thöny aus Hall liegt ein Bericht über die Beschränkung der Tätigkeit der Barmherzigen Schwestern vom Heiligen Kreuz durch die NS-Behörden aus dem Jahr 1970 vor:
„Unser Provinzhaus in Hall war ein verlockendes Objekt für die damaligen Behörden. [...] Bereits im Juni 1938 quartierten sie vorübergehend Militäreinheiten ein. Am 1. Juli nahm die Heeresbauleitung die Gästezimmer zu Bürozwecken in Betrieb: im Dezember wechselte sie die Räume mit der Heeresstandortverwaltung. Zugleich zogen zwei Offiziersfamilien ein. [...] In den Sommermonaten 1938 begann der Kampf. Systematisch wurden unsere Schwestern aus ihren Wirkungskreisen verdrängt, eine Anstalt um die andere /wurde/ geschlossen. Die Jugend wurde uns zuerst entrissen. [...] Ein Jahr später zwang man uns zur Räumung des ganzen Hauses und dies innert kürzester Frist. Weder der Nachweis als Schweizer Eigentum noch die Intervention des Schweizer Konsuls konnte hier retten. [...] Dann setzte der Vernichtungskampf gegen die katholischen Krankenschwestern ein. Zunächst lautete die Bestimmung: Nur Schwestern mit Staatsdiplom dürfen Krankenpflege ausüben. So begann eine Reihe Schulungskurse. Manchen Schwestern wurden später ihre Diplome widerrechtlich entzogen. [...]Aus elf Anstalten wurden unsere Schwestern verdrängt. Schon fünf Tage vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges, am 26. August 1939, erhielten wir Befehl, die Pforten- und Besuchszimmer zu räumen. Für den ersten und zweiten Stock des Provinzhauses wurden uns eine Frist von fünf Tagen gesetzt, die anderen Räume mussten schon bis zum folgenden Tag bezugsfähig sein. [...] Die von uns verlassenen Stockwerke wurden als Lazarett eingerichtet und bald mit kranken Soldaten gefüllt. Es waren 180-200 Patienten, zum Teil Infektionskranke. [...] Im Lazarett des Provinzhauses fanden Schwestern verschiedener Orden Arbeit. [...] Als einmal in den Räumen des Provinzhauses, die Lazarett geworden waren, eine Kommission durch die Zimmer schritt, gebot einer der Herren: `Die Kreuze müssen verschwinden´! Da entgegnete Schwester Lukretia, die damalige Hausoberin, in entschiedenem Ton: `Meine Herren, die Kreuze bleiben! Und sie werden dort noch hängen, wenn Sie und ich schon längst nicht mehr da sind`! Die Kreuze wurden daraufhin wirklich nicht entfernt.
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