Mitten im Zweiten Weltkrieg, unterdrückt von den Schergen des NS-Regimes, versammelten sich am 13. Mai 1940 in der Archengasse in Schwaz sechs junge Männer mit einer gemeinsamen Idee: Sie wollten ein Zeichen gegen die nationalsozialistische Herrschaft setzen. An diesem Tag gründeten sie im Gartenhaus von Dr. Eduard Ludescher die Verbindung „Swatensia“ – benannt nach dem lateinischen Namen für Schwaz (Suates). Ein wagemutiges Unterfangen, denn studentische Verbindungen waren von den Nationalsozialisten verboten und galten als potenzielle Keimzellen des Widerstands. Die Gründungsmitglieder:
Die Mitglieder der Swatensia lehnten die nationalsozialistische Ideologie entschieden ab. Ihr Leitspruch spiegelte ihre Haltung wider: „Tacitus – Fidelis – Fortis“ (Verschwiegen – Treu – Stark).
Geheime Treffen und Symbole Die Swatensia trug die Farben Blau-Weiß-Grün und übernahm die Insignien der zuvor aufgelösten HAK-Verbindung Merkuria aus Innsbruck – daher schmückt bis heute der Merkurstab ihre Fahne. Ihre Schärpen nähten sie aus alten Schützenbändern zusammen. Trotz der Gefahr organisierten die Mitglieder heimlich studentische Zusammenkünfte – sogenannte „Tabakcolloquien“, „Bierdörfer“ oder „Kneipen“. Um Entdeckung zu vermeiden, versteckten sie ihre Uniformen sorgfältig, und das Bier wurde in Milchkannen zu den Treffen transportiert. Ein besonderer geheimer Treffpunkt war das „Eierle“, eine kleine Insel im Inn nahe der heutigen Autobahnbrücke. Widerstandspläne – und ein glücklicher Zufall Die jungen Männer wollten mehr als nur heimliche Treffen: Sie planten, bereits vorbereitete Flugschriften gegen das NS-Regime zu verbreiten. Doch ihre Eltern, die um das Leben ihrer Söhne fürchteten, verhinderten dies in letzter Minute. Wäre ihr Vorhaben entdeckt worden, hätten sie mit schwersten Repressionen oder gar ihrer Hinrichtung rechnen müssen. Die Burschenstrophe der Swatensia Franz Marchiodi v/o Loki verfasste eine Hymne für die Verbindung, die bis heute überliefert ist: Herrlich blau wölbt sich der Himmel über unser Land Tirol, hell erglänzen Gletscherfirne in der weiten Ferne wohl, und auf grünen Matten stehet stolz die alte Frundsberg da, darum lasst uns froh verkünden: Blau-Weiß-Grün – Swatensia! Auch wenn die Swatensia keinen direkten Einfluss auf den Verlauf des Krieges nehmen konnte, zeigt ihr Zusammenschluss doch den Widerstandswillen junger Menschen in einer Zeit der totalitären Unterdrückung. Ihre Geschichte erinnert daran, dass selbst kleine Zeichen des Mutes bedeutsam sind und dass selbst unter schwierigsten Bedingungen der Wunsch nach Freiheit und Eigenständigkeit weiterlebte. Die Eingliederung der Swatensia in die Frundsberg nach 1945 Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs war die Studentenverbindung Frundsberg durch die jahrelange erzwungene Inaktivität zwar geschwächt, aber keineswegs aufgelöst. Bereits am 2. September 1945 stellte man bei den Behörden der Besatzungsmacht einen Antrag auf Wiederzulassung und führte Neuwahlen durch. Da es in Schwaz nicht genug Studenten für zwei eigenständige Verbindungen gab und sowohl die Frundsberg als auch die Swatensia dieselben ideellen Werte vertraten, begann man im Juli 1945 Gespräche über eine mögliche Zusammenführung. Diese Verhandlungen endeten am 16. Oktober 1945 mit der Eingliederung der Swatensia in die Frundsberg. Bewahrung der Tradition der SwatensiaSeit dieser Eingliederung wird die Erinnerung an die Swatensia aktiv gepflegt. Bei offiziellen Veranstaltungen der Frundsberg stellen stets drei Mitglieder eine symbolische Abordnung der Swatensia. Sie tragen schwarze Uniformen mit blau-weiß-grünen Schärpen – ein Zeichen der Verbundenheit zwischen den beiden Verbindungen. Zudem wird bei Kommersen die Burschenstrophe der Swatensia gesungen. Da mit dem Tod des letzten Swatensen, Franz Marchiodi, diese Tradition zu verschwinden drohte, beschloss man im Jahr 2000, dass auch in Zukunft bei allen hochoffiziellen Veranstaltungen drei Mitglieder in der Swatensen-Tracht auftreten sollen. So bleibt das Andenken an die mutigen jungen Männer lebendig. Diese besondere Erinnerungskultur ist auch der Grund, warum bei offiziellen Anlässen in Schwaz immer wieder Studenten sowohl in Schwarz (ehemals Swatensia) als auch in Bordeauxfarben (Frundsberg) zu sehen sind. Die Rolle der Swatensen beim WiederaufbauNach der Wiederzulassung der Frundsberg waren es vor allem die jüngeren Mitglieder der Swatensia, die eine tragende Rolle beim Wiederaufbau spielten. Bereits 1945/46 blühte das Verbindungsleben wieder auf. Dabei achtete man jedoch genau darauf, wer in der NS-Zeit welche Haltung gezeigt hatte. Mitglieder mit fragwürdiger Vergangenheit mussten sich rechtfertigen, insbesondere jene, die während des Krieges Offiziersränge bekleidet hatten. Einige Mitglieder wurden aufgrund ihrer damaligen Einstellung dauerhaft ausgeschlossen.
Die Eingliederung der Swatensia in die Frundsberg steht somit nicht nur für den Fortbestand der Verbindung, sondern auch für eine bewusste Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte.
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Historikerin-Ethnologin Archives
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