Foto: Erzherzogin Magdalena von Österreich. Fürstäbtissin im Damenstift in Hall in Tirol. Online unter: Von Francesco Terzio - Kunsthistorisches Museum Wien, Bilddatenbank. Gemeinfrei: https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=4766851 (Stand 10.8.2024) Das Damenstift wurde 1567 von den Erzherzoginnen Magdalena (1532–1590) und Helena (1543–1574) und Margarethe (1536–1567) von Österreich aus dem Hause Habsburg gegründet. Im Jahr 1783 hob Kaiser Josef II. (1765 – 1790) das Stift auf. Das Stiftsgebäude wurde fortan als Wohnhaus genutzt, und die dazugehörige Kirche wurde profaniert. Im Jahr 1845 wurde an diesem Ort das Stadtspital eingerichtet. „Societe des Filles du Sacre Coeur- die Töchter des Herzen Jesu“ Foto: Innenhof des Klosters im Jahr 1912. In: Archiv der Ordensgemeinschaft Societe des Filles du Sacre Coeur in Hall in Tirol. Erst im Jahr 1912 wurden das Stiftsgebäude und die Kirche wieder ihrem ursprünglichen Zweck zugeführt, dank des Engagements von Erzherzog Ferdinand Karl von Habsburg-Lothringen (1868 – 1915). Der belgische Orden „Societe des Filles du Sacre Coeur- die Töchter des Herzen Jesu“ erhielt die Erlaubnis, die Gebäude zu nutzen. Die klausurierten Töchter vom Heiligsten Herzen Jesu widmeten sich dort der täglichen Anbetung. Die Ordenstracht besteht aus einem weißen Gewand mit Zingulum (Gürtel) und Skapulier (Überwurf über der Ordenstracht). Auf dem Skapulier sind die Herzen Jesu und Mariä in einer Dornenkrone eingestickt. Die Schwestern sind Anbetungsschwestern der Heiligen Eucharistie. In der Herz Jesu Basilika in Hall ist das Allerheiligste den ganzen Tag über zur Anbetung ausgesetzt. Die spirituelle Grundlage der Kongregation findet sich in der Lehre des heiligen Apostels Paulus über die gemeinschaftliche Verbundenheit in Christus durch die Taufe. Foto der Gründerin des Ordens: Marie von Jesus Deluil Martiny. Wikipedia. Die freie Enzyklopädie. Online unter: File:Moeder Marie de Jésus Deluil-Martiny.JPG (Stand 10.8.2024). "Erinnerungen über einige Details aus der Kriegszeit" Das Tagebuch von Schwester Oberin Marie Wilhelmine" (1938 - 1945)Schwester Oberin Marie Wilhelmine, eine gebürtige Holländerin, führte während dieser dunklen Zeiten ein Tagebuch in französischer Sprache mit dem Titel "Erinnerungen über einige Details aus der Kriegszeit". In ihren Aufzeichnungen berichtet sie, dass bei der Machtergreifung der Nationalsozialisten in Hall das Kloster von der Gestapo und Offizieren der Wehrmacht inspiziert wurde, mit der Absicht, es in ein Lazarett oder eine Kaserne für Soldaten umzuwandeln. Der bauliche Zustand des Gebäudes war katastrophal – es gab keine Wasserleitungen, keine sanitären Einrichtungen, keine Heizung, und der Putz bröckelte von den Wänden. Die Schwestern hatten keinerlei Einkommen und waren auf die Großzügigkeit der Bevölkerung angewiesen. Als Ordensgemeinschaft kommunizierten sie in Französisch, eine Sprache, die sie während der Zeit des Nationalsozialismus nicht verwenden durften. Sie unterhielten einen kleinen Garten, in dem sie etwas eigenes Gemüse anbauten und ein paar Obstbäume hatten. Allerdings war der Platz begrenzt, weshalb sie keine Kartoffeln anbauen konnten. Gelegentlich unternahmen die Schwestern Spaziergänge im Garten nahe der Mauer hinter dem Kloster und unterhielten sich in ihrer Muttersprache, Französisch. Bei einer solchen Gelegenheit wurden sie von den Tertiarschwestern, die sich außerhalb des Klosters befanden, dabei gehört, wie sie auf Französisch plauderten. Die Tertiarschwestern warnten sie, dass ihre Gespräche von außen gehört werden könnten. Dies führte bei den Schwestern zu Schock und Besorgnis, als sie realisierten, dass man sie hinter der Mauer belauscht hatte. Von da an waren sie äußerst vorsichtig und beschränkten ihre Gespräche auf das Innere des Klosters, um sicherzustellen, dass ihre Unterhaltungen nicht abgehört werden konnten. Trotz der Tatsache, dass den Schwestern eigentlich verboten war, das Kloster zu verlassen, wurden sie während dieser Jahre gezwungen, in Paaren mit einem Handkarren durch die Stadt zu ziehen, um Nahrungsmittel zu erbitten. Leider kehrten sie oft mit leeren Händen zurück, da auch die Bewohner von Hall kaum mehr zu geben hatten. Die einzige Rettung vor dem Verhungern waren die Bezugsscheine der nationalsozialistischen Behörden. Die Gestapo führte dennoch zahlreiche Hausdurchsuchungen bei den Schwestern durch. Eines Mittags, während die Schwestern gerade beim Essen waren, begann eine solche Durchsuchung. Die Gestapo-Beamten waren sichtlich schockiert über das bescheidene Essen auf den Tellern der Schwestern und brachen ihren Einsatz ab. Sie gaben den Schwestern sogar etwas von ihrem eigenen Pausenbrot. In einer anderen Situation wurde das gesamte Haus vom Dachboden bis zum Keller durchsucht. Eine alte Schwester bewachte die spärlichen Winterreserven im Kellerraum. Es gab eine Falltür, die zu einem geheimen Raum unterhalb des Kellers führte, in dem die Schwestern ihre verbotenen französischen Bücher und die wenigen persönlichen Gegenstände aufbewahrten, die sie vor den Nationalsozialisten versteckten. Die alte Schwester tarnte die Falltür, indem sie einen Teppich darüber legte. Sie machte den Gestapo Beamten vor, dass sie nichts mehr wüßte, wer sie sind, sodass diese annehmen mussten, dass die alte Schwester nicht mehr ganz bei Verstand war. Die Gestapo Beamten mussten schließlich feststellen, dass im Keller nichts zu holen war. Die Durchsuchungen der Gestapo scheint eine schikanöse Maßnahme der Gestapobeamten gewesen zu sein, denn der desolate Zustand des Klosters war ein offensichtlicher Hinweis auf die Armut der Gemeinschaft. Die Schwestern erhielten Unterstützung und Hilfe von den Schwestern der Heimsuchung Maria, den Salesianerinnen von Thurnfeld und den Tertiarschwestern, die sie mit Gemüse und Lebensmitteln versorgten. Besonders hilfreich war die Tertiarschwester Johanna, die in der Küche des Franziskanerklosters arbeitete. Solange das Franziskanerkloster noch bestand, konnte sie den Schwestern gekochte Speisen und Lebensmittel zukommen lassen, was für die Schwestern von unschätzbarem Wert war. Im Juni 1939 wurden in Meran von NSDAP-Mitgliedern der Bevölkerung die Pläne für die Option bekanntgegeben. Die Option war eine Wahlmöglichkeit für deutschsprachige Südtiroler: Sie konnten entweder auswandern oder in Italien bleiben, ohne Minderheitenschutz und unter Aufgabe ihrer Muttersprache. Die Auswanderer, die Optanten genannt wurden, sollten in Polen angesiedelt werden. Die Bekanntgabe der Option führte zu großer Unruhe innerhalb der Südtiroler Bevölkerung, insbesondere zwischen denjenigen, die auswandern wollten, und denen, die in Italien bleiben wollten. Foto: „Heim ins Reich“. Propaganda für die Südtiroler Option. Wikipedia. Die freie Enzyklopädie. Online unter, { Von Zintosch7 - Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=102993015}, (Stand 10.8.2024) Als die Südtiroler Option im Jahr 1939 begann, wurden im Dachboden des Klosters Optanten untergebracht. Es handelte sich um äußerst bedürftige Familien, die unter dem Dach hausten, ohne Strom, Wasser oder sanitäre Einrichtungen. Diese Familien gehörten offenbar nicht der NSDAP an, da in Hall eigens Siedlungen mit neuen Wohnungen für Südtiroler Optanten errichtet wurden, aber diese Familien lebten bis zum Ende der NS-Herrschaft im Dachboden des Klosters. Ein schrecklicher Tag in HallDie Schwestern im Kloster Hall waren in Angst und Schrecken versetzt, als eines Nachmittags ein berüchtigter grauer Bus vor dem Kloster hielt. Gestapo-Männer stiegen aus und patrouillierten auf dem Platz vor dem Kloster. Unter vorgehaltener Hand erzählte man sich in der Bevölkerung Halls, dass dieser Bus stets kam, wenn einer oder mehrere Menschen inhaftiert und mitgenommen wurden. Es verhieß nichts Gutes. Die Schwestern beteten und hofften, verschont zu werden. Und tatsächlich geschah nichts. Die Gestapo-Männer stiegen wieder in den Bus und fuhren davon. Ein weiterer schrecklicher VorfallEinige Wochen später ereignete sich ein weiterer schrecklicher Vorfall. Eine Schwester hatte am Abend das Licht im Büro der Oberin vergessen auszuschalten. Sie hatte die Fenster und den Raum gereinigt und war anschließend in ihr Zimmer gegangen. Es herrschte strenge Verdunkelung wegen der Bombenangriffe. Die Klingel läutete plötzlich Sturm. Die Schwestern wurden aus dem Schlaf gerissen. Gestapo-Männer standen vor der Tür und forderten die Schwestern auf, sich anzuziehen. Sie würden verhaftet. Die Mutter Oberin fragte, was vorgefallen sei. Man sagte ihr, dass Licht auf der Rückseite des Hauses brenne, obwohl Verdunkelung herrschte. Die Schwestern waren tief betroffen. Sie löschten sofort das Licht. Die Schwester, die vergessen hatte, es auszuschalten, warf sich vor dem Gestapo-Beamten zu Boden. Sie bekannte, dass sie die Schuldige sei und bat ihn, sie mitzunehmen und die anderen Schwestern zu verschonen. Diese tiefe Erniedrigung muss den Gestapo-Mann besänftigt haben. Er nahm keine der Schwestern in Gewahrsam, aber er sprach eine strenge Verwarnung aus. Die Mutter Oberin kontrollierte von nun an alle Räume. Fotos: Innsbrucker Nachrichten (6. September 1940). Privatarchiv K. Walder Hall in Tirol. Foto 1939/40 Ordensschwestern „Societe des Filles du Sacre Coeur- die Töchter des Herzen Jesu“ . In: Archiv der Ordensgemeinschaft der „Societe des Filles du Sacre Coeur- die Töchter des Herzen Jesu“ in Hall in Tirol. Obwohl das Kloster nicht aufgelöst wurde, verpflichteten die NS-Behörden die jüngeren Schwestern zum Arbeitsdienst. Am 25. März 1942 wurden die Schwestern Marie Brigitte, Marie Hedwig, Marie Hildegard, Marie Eleonore und Marie Viktoria von den Nationalsozialisten angewiesen, im Annaheim in Hall bei den Kreuzschwestern Arbeitsdienst zu leisten. Sr. Marie Brigitte wurde als Küchenschwester eingesetzt. Sr. Marie Hedwig und Sr. Marie Hildegard betreuten die alten Damen des Altersheimes. Sr. Marie Eleonore und Sr. Marie Viktoria arbeiteten in der Küche. Der Arbeitstag begann morgens um 7:00 Uhr und endete oft erst spät abends. Die Schwestern waren von der schweren Arbeit körperlich sehr erschöpft. Auch im Anbetungskloster fanden sie vor Erschöpfung oft keine Ruhe. Am 27. April 1943 wurden fünf Schwestern des Klosters „Societe des Filles du Sacre Coeur- Töchter des Herzen Jesu“ in Feldkirch und fünf Schwestern des Klosters Maria Heimsuchung in Thurnfeld zum Arbeitsdienst im Lazarett Feldkirch eingeteilt. Die Schwestern der Töchter des Herzen Jesu wurden wie folgt eingeteilt:
Die Oberin des Klosters des Ordens „Societe des Filles du Sacre Coeur“ in Hall erhielt von den Nationalsozialisten nur zweimal die Erlaubnis, ihre Schwestern im Lazarett Feldkirch zu besuchen. Beim ersten Besuch wurde sie von der Oberin des Klosters Maria Heimsuchung in Thurnfeld begleitet. Beim zweiten Mal durfte sie mit Frau Rosa Reichlie mitfahren. Die Schwestern schrieben der Oberin regelmäßig Briefe, in denen sie ihr ihre Sorgen und Nöte mitteilten. Die Oberin konnte ihnen trotz der Zensur gut zusprechen.Manchmal erhielten die Schwestern die Erlaubnis des Chefarztes und der Oberin des Lazarettes in Feldkirch, übers Wochenende nach Hall ins Kloster zu fahren. Es fiel ihnen allen besonders schwer, sich wieder voneinander zu trennen. Die Ordensgemeinschaft war sehr stark und stützte sich gegenseitig, um diese harte Zeit der Angst und schweren körperlichen Arbeit zu überstehen. Das Tagebuch der Mutter Oberin des Klosters Hall endet abrupt am 7. Februar 1945. Es finden sich keine weiteren Einträge mehr. Was der Grund dafür war, konnte nicht mehr festgestellt werden. Die heutige Mutter Oberin des Klosters, Schwester Marie Theresia, hat noch eine Schwester, die die damaligen Schwestern kannte, telefonisch befragt. Diese bestätigte ihr beispielsweise die Begebenheit mit dem schwarzen Bus, der vor dem Kloster hielt. Leider konnte sie keine weiteren Auskünfte über das abrupte Ende der Tagebuchaufzeichnung geben. Das Tagebuch gibt dennoch tiefe Einblicke in die diktatorischen Maßnahmen, die die NS-Behörde gegenüber Klöstern und Ordensgemeinschaften in Hall in Tirol ausübte. Die Schwestern wurden von der Gestapo schikaniert und verfolgt. Sie mussten sich an strenge Auflagen halten, beispielsweise keine Konversation in französischer Sprache. Das Tagebuch der Mutter Oberin ist ein wichtiges historisches Dokument. Es ist ein Zeugnis der Verfolgung von Klöstern und Ordensgemeinschaften durch die NS-Diktatur. Fotos Kloster der Ordensgemeinschaft „Societe des Filles du Sacre Coeur- die Töchter des Herzen Jesu“ . Privatarchiv K. Walder Hall in Tirol.
0 Comments
|
Autorin
|
Proudly powered by Weebly