Katholisch-monarchistisch -legitimistischer Widerstandskreis in Hall in Tirol (1938 - 1945)10/31/2023 Die Ausdrücke Adel, Nobilität und Aristokratie verweisen in vielen europäischen Sprachen auf grundlegende Elemente des Selbstverständnisses dieser sozialen Gruppe. Man fühlt sich edel-vornehm, im Gegensatz zu den Gemeinen. Man fällt auf und ist bemerkenswert (notabilis) durch vornehmes und großzügiges Benehmen, man gehört zur Elite (aristoi). Die besondere Attraktivität des Adelsstandes als Statussymbol besteht darin, dass die Verfügung über ihn auch dann noch einen elitären Status signalisiert, wenn ihr Träger oder der Adelsstand insgesamt keine realen Elitepositionen einnimmt. Denn was die Aristokratie von allen anderen Statussymbolen unterscheidet, ist, dass sie praktisch nicht verloren gehen kann. In gewisser Weise sind Adelige von der permanenten Konkurrenz um die sozialen Gunstlagen dispensiert. Adelig zu sein, bedeutete, immer schon jemand zu sein, bevor man jemand wird. Das Adelsaufhebungsgesetz regelt, die nach dem Zerfall Österreich-Ungarns beim Übergang zur republikanischen Staatsform erfolgte Abschaffung des Adels. Es wurde am 3. April 1919 vom Parlament des neuentstandenen Staates Deutsch-Österreich von der konstituierenden Nationalversammlung beschlossen. Es trat am 10. April 1919 in Kraft. Am selben Tag trat das Gesetz betreffend der Landesverweisung und die Übernahme des Vermögens des Hauses Habsburg-Lothringen in Kraft. Heute gelten beide Gesetze in Österreich als Verfassungsgesetze. „Konspirative Tätigkeit war in der Tiroler Geschichte etwas Neues [...] Sowohl die Sturheit, mit welcher die Tiroler an ihren Traditionen hingen, als auch ihre politische und moralische Überzeugung erwiesen sich als wichtige Grundlage für den Widerstand gegen das nationalsozialistische Regimes." (Radomir Luza, Hist. USA) Foto Hofburg in Innsbruck. Privatarchiv K. Walder Hall in Tirol. Die politischen Ziele der verschiedenen Gruppen der Widerstandsbewegungen von Hall waren sehr unterschiedlich, aber Alle gemeinsam verfolgten das Ziel, die NS-Herrschaft zu beseitigen. Die Monarchisten waren der Ansicht, dass die Monarchie unter der Führung von Dr. Otto von Habsburg (1912 – 2011) die beste Form der Staatsorganisation sei. Otto von Habsburg-Lothringen wurde zu Beginn der NS-Herrschaft in Österreich zahlreiche Ehrenbürgerschaften aberkannt, so auch jene in Hall in Tirol (Ehrenbürgerschaft vom 21. Juni 1935 in Hall , Brief von Otto von Habsburg, in: Beilage im Gemeinderatsprotokoll 20.11.1936) . Your browser does not support viewing this document. Click here to download the document. Buch Otto von Habsburg. Online unter: https://www.thalia.at/suche?sq=otto+von+Habsburg+Unsere+Welt+ist+klein+geworden (Stand 10.8.2024) Die Berichterstattung in den "Innsbrucker Nachrichten" vom 9. April 1938 über die Aberkennung der Ehrenbürgerschaft Ottos von Habsburg und anderer in Hall zeigt, wie die NS-Regierung in Tirol Maßnahmen zur Verfolgung bis auf Gemeindeebene ergriff. „Otto Habsburg lästiger Ausländer, statt Ehrenbürger Aus Hall wird berichtet: Einer der ersten Maßnahmen der neuernannten Gemeinderäte in den Landgemeinden gilt die seinerzeit unter dem Druck des Systems erzwungenen `Ehrenbürgerernennungen´ rückgängig zu machen. Der Gemeinderat von Mils bei Hall verlautbart nun folgenden Entschluss: ` Die vom früheren Gemeinderat mit 8 : 4 Stimmen erzwungene Ehrenbürger Ernennung Otto Habsburgs wird im Hinblick darauf, dass er für das Wohl der Gemeinde nicht das mindeste geleistet hat und außerdem fast von jedermann als unerfahrener lästiger Ausländer betrachtet wird, aberkannt. Ebenso werden auch die Ehrenbürger Ernennungen Schuschniggs und Starhembergs für nichtig erklärt´.“ Foto: Innsbrucker Nachrichten vom 9. April 1938. Privatarchiv K. Walder Hall in Tirol. Graf Bernhard Stolberg zu Stolberg (1881–1952)Foto Wappen Stammwappen Stolberg. Online unter: Von Autor/-in unbekannt - Ursprung unbekannt, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=15711364 (Stand 10.8.2024). Ursprungswappen. Online unter: Von Stephan Brechtel, CC0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=89965495 (Stand 10.8.2024). Foto Grabstein Bernhard Graf Stolberg zu Stolberg. Privatarchiv K. Walder Hall in Tirol. Die Stolbergs sind ein weitverzweigtes Adelsgeschlecht, das zur Hocharistokratie des Heiligen Römischen Reiches gehört. 1742 wurde die Linie Stolberg-Geldern in den Reichsfürstenstand erhoben. Alle genealogischen Linien waren 1940 in der Deutschen Adelsgenossenschaft vertreten. Graf Bernhard Stolberg zu Stolberg erhielt auf sein Ansuchen hin im Januar 1938 die österreichische Staatsbürgerschaft für sich und seine Familie. Er verzichtete auf seinen Adelstitel, da er sich nicht mit dem Deutschen Reich unter Adolf Hitler identifizieren konnte. Er lebte in Hall in Tirol in der Bruckergasse 15. Foto: Graf Bernhard Stolbergerg zu Stolberg. Wikipedia. Die freie Enzyklopädie. Online unter: {https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Bernhard_Stolberg.jpg (Stand: 10.8.2024). Online unter: https://de.wikipedia.org/wiki/Stolberg_(Adelsgeschlecht) (Stand: 10.8.2024) Graf Bernhard Stolberg zu Stolberg las bereits im Jahr 1933 Adolf Hitlers politisches Statement „Mein Kampf“. Darauf soll er den Ausspruch getan haben: „Wer ein Katholik ist, kann kein Nationalsozialist werden." Nach seiner Rückkehr aus der einmonatigen Haft im Jahr 1938 opponierte Bernhard Stolberg zu Stolberg (1881–1952) in Hall in Tirol gegen die Nationalsozialisten. Er war der Anführer eines monarchistischen Widerstandskreises, der sich in seinem Haus in der Bruckergasse 15 traf. Zu den Mitgliedern des Kreises gehörten unter anderem Dr. med. Viktor v. Schumacher (1913–1984), Dr. Ernst von Verdross-Drossberg (1892–1963) , Dr. jur. Paul Freiherr v. Kathrein (1878-1962), Dr. August Haffner (1869 - 1941), Dekan der Pfarre Hall in Tirol Wilhelm Reinthaler (1876-1941), die Kooperatoren: Josef Lambichler (1883–1956), Dr. Hermann Blassnig (1911- 1985) und Kaplan Dr. med. Richard Hellrigl (1889-1973), der Seelsorger Franz Josef Waitz (1909-1989), Dr. jur. can. (AAI) Walter Waitz (1902-1979), Gymnasialprof. Dr. Gottfried Pfeifauf (1913–1964) und Dekan Dr. Heinrich Heidegger (†1957). Der Postoberinspektor Friedrich Waitz (1911-1975), der Postbeamte Josef Dosch (1907–1955) und sein Sohn Prof. Anton Dosch (1914–1979) waren ebenfalls Teil des Kreises. (siehe Beitrag Prof. Anton Dosch) Der Kreis engagierte sich für den Schutz und die Unterstützung von NS-Gegnern sowie für die Familien von Verfolgten und Inhaftierten. Dr. Walter Waitz hielt antinazistische Predigten, die ihm den Gauverweis und zwei Monate Haft einbrachten. Gymnasiallehrer Dr. Gottfried Pfeifauf schloss sich der Widerstandsgruppe von Anton Haller an. Prof. Anton Dosch leitete den bewaffneten Aufstand im Osten der Stadt in der Nacht vom 2. auf den 3. Mai 1945 und trug maßgeblich zur Befreiung und unblutigen Übergabe der Stadt Hall an die Alliierten bei.
Joseph Freiherr von und zu Franckenstein (1910 – 1963) Foto 1945 Josef Freiherr von Franckenstein. Wikipedia. Die freie Enzyklopädie . Online unter: https://de.wikipedia.org/wiki/Joseph_Freiherr_von_und_zu_Franckenstein ; https://de.wikipedia.org/wiki/Joseph_Freiherr_von_und_zu_Franckenstein (Stand: 10.8.2024). Sowie online unter: https://austria-forum.org/af/AustriaWiki/Joseph_Freiherr_von_und_zu_Franckenstein (Stand 10.8.2024) Joseph Freiherr von und zu Franckenstein wurde am 30. September 1910 auf Schloss Traunegg bei Wels geboren. Er war der Sohn des vormaligen Landtagsabgeordneten Konrad Freiherr zu Franckenstein und seiner Gemahlin Anna geborene Gräfin Esterhazy. Er war ein österreichischer Widerstandskämpfer gegen die Nationalsozialisten. Franckenstein war Lehrer am Privatgymnasium in Mégéve in Frankreich, als die Nationalsozialisten an die Macht kamen. Er war ein Gegner des Nationalsozialismus und wurde deshalb von einem Nazi-Skilehrer bedroht. Im September 1938 wagte er es nicht, zur Beerdigung seines Vaters nach Österreich zu kommen. Als die Wehrmacht in Frankreich vordrang, gelang es Franckenstein, mit einem englischen Pass nach Amerika zu entkommen. Dort meldete er sich zur US-Armee und wurde zum Fallschirmoffizier ausgebildet. Radomir Luza berichtete über diese OSS- Operation, die unter dem Namen "Deadwood Mission" lief, in seinem Buch über die Tätigkeit der österreichischen Widerstandsbewegungen folgendes: Im Juli 1944 sprang Franckenstein in der Uniform eines deutschen Feldwebels mit Namen Leutnant Horneck in Süditalien ab. Es lässt sich feststellen, dass der Raum Innsbruck zum Zentrum des Tiroler Widerstandes wurde. Anfang April 1945 kamen die Brüder Otto Molden (1918–2002) und Fritz Molden (1924–2014) gemeinsam mit dem OSS-Verbindungsoffizier Joseph v. Franckenstein (1910–1963, Deckname Leutnant Horneck) und dem Funker Ludwig Totzenberger über die italienische Grenze nach Tirol und unterstützten Dr. Karl Gruber von der österreichischen Widerstandsbewegung O5 in Innsbruck. Zunächst beteiligte sich Franckenstein bei Bürgermeister Josef Kaltenhauser in Ampass bei der Widerstandsbewegung. Als dort die Verhaftung drohte, zog er sich in die Axamer Lizum zurück, wo er mit anderen eine Sendestation bediente. SS-Einheiten entdeckten den Sender und verhafteten Franckenstein und alle Anwesenden. Bei dieser Verhaftung wurde der junge Funker Ludwig Totzenberger, Vater von vier kleinen Kindern, von den SS-Einheiten erschossen. Die französischen SS-Soldaten fesselten Franckenstein und führten ihn auf gefährlichen Wegen an Abgründen vorbei. Wobei einer der bewaffneten Soldaten rief: „Wenn er sich rühren sollte, kann ich ihn dann gleich erschießen und in den Abgrund werfen?“ Die Soldaten ahnten nicht, dass Franckenstein sie verstanden hatte, um so größer war ihr Erstaunen, als er sich umdrehte und ihnen zurief: „` Eh bien, Andreas Hofer, nel´ avec- vous pas traite´ de meiuee? ` (` Nun also, Andreas Hofer, habt Ihr ihn denn nicht gleicherweise behandelt wie mich? `) Er wurde nach Innsbruck gebracht und auf der Maria-Theresien-Straße entstand ein dichtes Gedränge, bei der ihm ein junges Mädchen der Ampasser Widerstandsbewegung eine kleine Eisenfeile zusteckte. Franckenstein wurde im Gestapolager-Reichenau festgehalten, wo er misshandelt und gequält wurde. Er weigerte sich jedoch, seine Kameraden zu verraten. Es gelang ihm mit Hilfe der Eisenfeile die Fesseln zu lösen und er konnte durch ein Toiletten Fenster entfliehen. Er gelangte in den Wald von Ampass, wo er das Haus von Bürgermeister Kaltenhauser erreichte. Anfang Mai befreiten die heranrückenden Amerikaner Tirol von den Nationalsozialisten. Die amerikanische Militärbehörde ernannte Joseph Franckenstein zum obersten „Judge“ beim Militärgericht in Innsbruck. Sein Vorgesetzter, Colonel Hudson, sagte zu seiner Mutter: ` His mother can be proud, to have such a son.` (“Seine Mutter kann stolz auf ihren Sohn sein.”) Nach dem Krieg lebte Franckenstein einige Wochen bei seinen Eltern in Heiligkreuz/Hall in Tirol, um hierauf in den USA wieder seine Lehrtätigkeit auszuüben. Er starb am 7. Oktober 1963 in San Francisco Fotos: Bericht von Dr. Ernst Verdross über die Tätigkeit der Widerstandsgruppe Haller, in: Dokumentationsarchiv des österr. Widerstands (Hrsg.), Widerstand und Verfolgung in Tirol 1934 - 1945, Eine Dokumentation (2), Wien-München 1984, S. 450-451. Your browser does not support viewing this document. Click here to download the document. Quelle: StAH, Schachtel Dr. Ernst Verdross, Handschriftlicher Lebenslauf Joseph Freiherr von und zu Franckenstein, Heiligkreuz 1946, S. 1-6. In: Stadtarchiv Hall in Tirol. Dr. Ernst Verdross Edler von Drossberg (1892–1963)Foto: Dr. Ernst Verdross. In: Privatarchiv Dr. Edith Kaufmann Innsbruck. Joseph Freiherr von Franckenstein wurde im Bericht von Dr. Ernst Verdross als jener bezeichnet, der unter den Haller Widerstandskämpfern besonders hervorgehoben werden müsse (DÖW 1385). Der Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich war ein schwerer Schlag für die Demokratie und die Freiheit. In Hall in Tirol führten die Nationalsozialisten einen brutalen Terror gegen ihre Gegner. Dr. Ernst Verdross war ein Opfer dieses Terrors. Er wurde im Konzentrationslager Dachau ab 31. Mai 1938 inhaftiert. Am 30. März 1939 kehrte er schwer gezeichnet aus dem KZ-Dachau zurück. Nach seiner Entlassung aus dem Konzentrationslager stand er unter Hausarrest und unter der Bewachung der Gestapo. Er verlor seine Stelle als Magistratssekretär und musste sich um eine neue Anstellung bemühen, um seine Familie zu ernähren. Trotz der schwierigen Umstände behielt er seinen Mut und seine Zuversicht und schloss sich dem Widerstand an. Er unterstützte den monarchistischen Widerstandskreis um Graf Bernhard Stolberg zu Stolberg (1881–1952) und den Haller Widerstand um Dr. med. Viktor Schumacher (1894–1984) und Schuhmachermeister Anton Haller (1907–1958). (Siehe Blogbeitrag Dr. Ernst Verdross) Dr. med. Viktor von Schumacher (1894 – 1981) Foto: Dr. Schumacher. In: Privatarchiv Dr. Andreas Schumacher Hall in Tirol. Dr. Viktor Schumacher betätigte sich seit dem Jahr 1929 in der Haller Stadtpolitik. Als Stadt-und Armenarzt wusste er über die Nöte und Sorgen der Bevölkerung Bescheid. Zu Beginn der nationalsozialistischen Herrschaft wurde er vom 12. März bis zum 24. März 1938 im Haller Gerichtsgefängnis in Schutzhaft genommen. Er schloss sich dem Widerstandskreis von Graf Bernhard Stolberg zu Stolberg und der Widerstandsgruppe von Anton Haller an. Dr. Schumacher arbeitete den Kampfplan für den bewaffneten Aufstand gegen die NS-Regierung in Hall aus. Nach Kriegsende führte er als Bürgermeister die Amtsgeschäfte der Stadt Hall. (siehe Blogeintrag Dr. Viktor Schumacher) Josef Conte Veith (1878–1959) Foto Hafen von Ancona/Italien. Die freie Enzyklopädie Wikipedia. Online unter: Die Autorenschaft wurde nicht in einer maschinell lesbaren Form angegeben. Es wird angenommen, dass es sich um ein eigenes Werk handelt (basierend auf den Rechteinhaber-Angaben)., CC BY-SA 2.5 it, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=925188}, (Stand 10.8.2024). "Geschichte des Helden von Ancona" wäre ein passenderer Titel für seine Lebenserinnerungen, da die Erinnerung an sein waghalsiges Unterfangen, den feindlichen Kriegshafen von Ancona im letzten Jahr des Ersten Weltkriegs zu überfallen, sein gesamtes späteres Leben erfüllte. Gemäß nachrichtendienstlichen Berichten hatten die Italiener einen neuen, besonders seetüchtigen und wendigen Bootstyp entwickelt. Veith, begleitet von zwei Schiffsfähnrichen und etwa 60 Matrosen, hatte einen kühnen Plan: ein kleines österreichisches Marinekommando sollte nachts in den Hafen eindringen, einige dieser Boote erobern und im Rücken der italienischen Front am Piave für Chaos sorgen. Im Zusammenwirken mit der Piave-Armee sollte die gesamte Front aufgerollt werden. Die nächtliche Landung nördlich von Ancona gelang unbemerkt von den Feinden, ebenso der Durchmarsch der österreichischen Kolonne durch die italienischen Straßensperren. Unter dem Ausruf "Ecco, Inglesi!" ließen sie die italienischen Wachen unbehindert passieren und ernteten Ehrenbezeugungen. Als der Morgen zu grauen begann, mussten sie sich in einem Bauernhaus am Berghang verstecken. Nach Einbruch der Dunkelheit marschierte das Detachement in das eigentliche Gelände des Kriegshafens, als plötzlich ein Schuss die Hafenwachen alarmierte. Der Fähnrich, der an der Spitze marschierte – ein Italiener aus dem damals noch österreichischen Trentino, der aus sprachlichen Gründen gegen Veiths Einwand der Gruppe zugeteilt worden war – hatte den verräterischen Schuss abgegeben. Damit war das kühne Unternehmen gescheitert, und nach einem kurzen Feuergefecht mussten sich die Österreicher in ihrer aussichtslosen Lage dem Feind ergeben. Vor dem Abmarsch in die Gefangenschaft brachte Veith noch ein Hoch auf den obersten Kriegsherren Kaiser Karl aus, das von den tapferen Matrosen begeistert erwidert wurde. Der leidenschaftliche Geist Veiths konnte sich nicht mit seinem Schicksal in der Gefangenschaft abfinden. Nach einem misslungenen Ausbruchsversuch wurde er in einer Festung in den piemontesischen Bergen inhaftiert. Nach Kriegsende,1918, ließ er sich in Innsbruck nieder und führte ein bescheidenes Leben, das von seiner monatlich schwindenden Offizierspension kaum bestritten werden konnte, bedingt durch die Inflation. Inmitten dieser düsteren Tage brachte ein persönlicher Brief Kaiser Karls aus der Schweiz ein wenig Licht. In diesem Schreiben verlieh ihm der Kaiser die goldene Tapferkeitsmedaille für Offiziere als Anerkennung für seine kühne, wenn auch nicht erfolgreiche Tat. Bei patriotischen Veranstaltungen trug Veith diese Auszeichnung mit stolzem Gefühl, neben der österreichischen Kriegsmedaille, die er für seinen Einsatz bei der Niederschlagung des Boxeraufstandes (1901) in China erhalten hatte. Am 16. August 1921 landete das letzte Schiff auf der Unteren Lende in Solbad Hall. Linienschiffs-Kapitän Conte Veith lenkte das Motorboot, das aus Wien kam und 20 Mann Besatzung hatte. Diese Fahrt von Wien nach Solbad Hall sollte Werbung für eine Touristen Innschifffahrt machen. Leider erwies sich dieses Angebot als nicht durchführbar, weil die Touristen ausblieben. In Tirol erwachte seine alte Liebe zu den Bergen wieder, und er verbrachte viele Jahre in Zurückgezogenheit im Kaunertal. Dort war er als Bergführer in der faszinierenden Welt der Ötztaler Gletscher tätig. Schon vor dem Krieg hatte er dieses Gebiet zusammen mit Pater Richen erkundet, einem Gletscherpfarrer, der viele Sommer im Gletscherhaus gewirkt hatte. Später zog er in die Gegend von Innsbruck und lebte unter äußerst bescheidenen Verhältnissen in Orten wie Sistrans, Tulfes und Mieders. In seinen letzten Lebensjahren litt Veith unter einer Venenentzündung, die ihn wiederholt ins Innsbrucker Krankenhaus zwang. In den letzten Wintermonaten fand der alte Kapitän fürsorgliche Betreuung in Bad Hall in Oberösterreich, wo er am 15. Mai 1959 nach einem kurzen Leidensweg einer Embolie erlag. Es war ein schöner Zufall, dass ein alter Kamerad von der k.u.k. Kriegsmarine, Fregattenkapitän Jedletz, der sich zur Kur in Bad Hall aufhielt, eine tief empfundene Grabrede für ihn hielt. Obwohl Kapitän Veith nur wenige Winter in Bad Hall verbracht hatte, hatte er einige Freunde gewonnen, die sich während seiner Krankheitstage um ihn kümmerten und ihm einen ehrenvollen Abschied bereiteten. Josef Veith wurde am 30. Oktober 1878 in Cernovice, Böhmen, geboren. Er entstammte einer deutsch-böhmischen Gutsbesitzerfamilie. Sein Vater wurde für seine Verdienste um die katholische Sache mit dem päpstlichen Titel "Comes Romanus" ausgezeichnet. Kapitän Veith verstarb als letztes von zwölf Geschwistern. In seinen Adern floss auch ungarisches, tschechisches und polnisches Adelsblut, das seine Abstammung geprägt hatte. Veith war eine hochgesinnte, kultivierte, geistreiche und temperamentvolle Persönlichkeit und verkörperte den Typus des altösterreichischen Offiziers. Treue war ein herausragendes Merkmal seines Charakters. Selbst im hohen Alter von beinahe 80 Jahren konnte er mit den Stubaier Schützen dem verehrten Sohn seines unvergesslichen Kaisers Karl am Starnberger See seine Aufwartung machen. Eine letzte Freude wurde ihm zuteil, als er ein halbes Jahr vor seinem Tod von einem Verwandten nach Rom eingeladen wurde. Dort ergab sich die Gelegenheit zu einem Presseinterview über sein Unternehmen in Ancona. Als Ergebnis erschien eine anerkennende Darstellung seiner Heldentat in einer renommierten italienischen Illustrierten, die sowohl den Schauplatz der Ereignisse als auch seine Person in Bild und Text darstellte. Dr. Ernst v. Verdross berichtete über die Widerstandsbewegung gegen den Nationalsozialismus in Hall. Im Rahmen dieser Widerstandsaktivitäten bestand enger Kontakt zu den Widerstandsgruppen in der Umgebung. Dazu gehörten Verbindungen zu Bürgermeister Kaltenhauser in Ampaß, dem Linienschifffahrtsleutnant Conte Veith in Tulfes, Ebenbichler in Volders, Tuninger in Gnadenwald und vor allem zu Dr. Karl Gruber in Innsbruck. Your browser does not support viewing this document. Click here to download the document. Katholisch-legitimistischer Widerstand von HallernAdrian Höck Opräm. (1903–1973) Foto: Adrian Höck Opraem. In: Wopfner,Helmut (Hrsg.): Unsere Sternkorona. Mitgliederverzeichnis 1888-1998. Thaur 1998, S. 114. Adrian Höck wurde am 12. Februar 1903 in Wörgl geboren. Er war Pfarrer von Hötting bei Innsbruck, als er vom 4. Juli bis zum 16. Juli 1938 wegen einer Bittmesse für Dr. Kurt Schuschnigg in Schutzhaft genommen wurde: „Der Pfarrer Adrian Höck hat am Tage vor Fronleichnam an der Kirchentüre eine Bittmesse für den früheren Bundeskanzler Kurt v. Schuschnigg anschlagen lassen und hat diese mehrmals von der Kanzel verkündet. Über mein Ersuchen hat die Geheime Staatspolizei diesen Fall einer gründlichen Untersuchung unterzogen und ist nunmehr – wie aus beiliegender Abschrift zu entnehmen ist – zur Verhaftung des Pfarrers geschritten." 1938 gründete Pfarrer Adrian Höck eine legitimistische-katholische Widerstandsgruppe in Innsbruck. Ein junger Haller, Karl Pfötscher (1919–1982), war Mitglied dieser Jugendgruppe, die über die Pfarrjugend organisiert war. Diese legitimistisch-katholische Organisation wurde durch die Gestapo aufgedeckt als Pfarrer Adrian Höck bereits in Brasilien war. Die Organisation wurde im Jahr 1939 durch ein Mitglied der Gruppe an die Gestapo verraten. Die festgenommenen Personen waren zwischen 17 und 26 Jahren alt. Einige von ihnen waren erst im Frühjahr 1939 in der Angelegenheit „Freies Österreich, Gausturm Tirol“ aus der Haft entlassen worden. Die Organisation selbst hatte eine größere Dimension angenommen und soll sich bereits auf ganz Österreich ausgedehnt haben. Als Kennzeichen bzw. als Kämpferabzeichen diente eine blaue Wollblume „Vergissmeinnicht“. Das Kennwort der Jugendgruppe lautete „Seidosch“, das übersetzt hieß: Seipel-Dollfuß-Schuschnigg." „In Zusammenhang mit dieser Angelegenheit wurde auch der ehemalige Landesführer der Vaterländischen Front, Dr. Ernst Fischer mitsamt seiner Familie inhaftiert. Nach Aussagen eines Inhaftierten bestehen auch Verbindungen zu einer Nachfolgeorganisation der „Bayrischen Volkspartei“. Diese Gruppe erwartet bereits im Monat August einen Systemwechsel im Reich und warb zu diesem Zwecke noch eifrig `Alte Kämpfer`. Prof. Karl Johann Franz Jakob Pfötscher (1919 - 1982) Foto Karl Pfötscher. Privatarchiv K. Walder Hall in Tirol. Im Jahr 1938 war ein junger Legitimist aus Hall in Tirol aktiv: Karl Pfötscher (1919- 1982) ein Student. Er war Mitglied der klerikalen, legitimistischen Gruppe "Vergissmeinnicht" in Innsbruck. Am 5. April 1938 trafen mehrere junge Männer, darunter Pfötscher, in der Wohnung von Professor Siegfried Mayr. Dort gründeten sie die "Jugendbewegung Freiheit Österreich". Die Gruppe organisierte Ausflüge, bei denen politische Diskussionen stattfanden. Die Ausflüge führten nach Seefeld, Maria Waldrast, zum Peterbrünnl und ins Gasthaus Waldhüttl in Innsbruck. Im Waldhüttl lagerten Karl Pfötscher und weitere Mitglieder Waffen. Karl Pfötscher hatte die Waffen vom österreichischen Jungvolk und der Frontmiliz versteckt, die von den deutschen Behörden noch nicht entdeckt worden waren. Seit dem Sommer 1938 verteilten die Jugendlichen Streuzettel und schrieben Parolen an Hauswände. Die Jugendlichen im Alter von 17 bis 24 Jahren planten, Bauern mit Waffen zu versorgen und militärisch wichtige Einrichtungen zu übernehmen. Die Gruppe wurde von einem Mitglied an die Gestapo verraten. Im Oktober 1938 wurden die Gruppenmitglieder verhaftet und zum Teil zu mehrjährigen Haftstrafen ohne richterlichen Beschluss verurteilt. Karl Pfötscher erhielt eine Schutzhaft (ohne Gerichtsurteil) von 3 Jahren, 6 Monaten und 10 Tagen. Nach seiner Haftentlassung konnte er bis zum 8. Mai 1945 an keiner Universität des Deutschen Reichs ein Studium aufnehmen. Ein Augenzeuge, August Loacker (1876-?), der ebenfalls für seine Widerstandsaktivitäten verfolgt wurde, bestätigte, dass Pfötscher über die Anlegung eines Waffenlagers im Waldhüttl ausgesagt hat. Loacker kann auch bezeugen, dass Pfötscher aktiv am Widerstand gegen den Nationalsozialismus in Österreich beteiligt war. Der SD-Unterabschnitt Tirol berichtete dem SD-Führer des SS-Oberabschnittes Donau in Wien über folgende Ereignisse im Zeitraum vom 1. Juni bis 30. Juni 1939: „In Innsbruck wurde in der Berichtszeit eine legitimistische-katholische Organisation aufgedeckt, die bereits größeren Umfang angenommen hatte. [...]Bei den in den letzten Tagen verhafteten Personen, meist im Alter von 17 bis 24 Jahren, handelt es sich zum Teil um Leute, die erst im Frühjahr 1939 in der Angelegenheit `Freies Österreich, Gausturm Tirol` aus der Haft entlassen wurden. Die Organisation selbst dürfte größeren Ausmaßes sein und soll in ganz Österreich, besonders aber in Wien, ausgebreitet sein. Als Kennzeichen beziehungsweise alte Kämpferabzeichen wurden eine blaue Wollblume, Vergißmeinnicht, ausgegeben und bei der Jugendgruppe das Kennwort `Seidosch`- Abkürzung für Seipel, Dollfuß, Schuschnigg verwendet. " Zu den Angaben zu Karl Pfötscher wird folgender Amtsvermerk hinzugefügt: Amtsvermerk Betreff: Karl Pfötscher Inhalt: Karl Pfötscher war im Sommer 1938 aktiv in der Widerstandsbewegung gegen die NS-Herrschaft in Österreich. Er beteiligte sich an Zettelaktionen, um das österreichische Selbstbewusstsein in der Innsbrucker Bevölkerung wachzuhalten. Die Zettel wurden im Raum Triumphpforte, Grüner Baum und Saggen geworfen. Im Geheimen legte Pfötscher ein Waffenlager im Bauernhaus des Johann Mair (Waldhüttl) an. Die Waffen waren vom österreichischen Jungvolk und der Frontmiliz, die von den deutschen Behörden noch nicht entdeckt worden waren. Pfötscher wurde im Oktober 1938 von der Gestapo verhaftet und zu 3 Jahren, 6 Monaten und 10 Tagen Schutzhaft verurteilt. Zu einer Gerichtsverhandlung kam es nie. Nach seiner Haftentlassung war er bis zum 8. Mai 1945 an keiner Universität des Deutschen Reichs eingeschrieben. Pfötscher erlitt in der Haft schwere gesundheitliche Schäden Im Document Center Berlin (BDC) in Berlin-Zehlendorf befindet sich eine Haftbeschwerde der Staatsanwaltschaft Innsbruck vom 7. Januar 1939 an den Oberreichsanwalt beim VGH von Ludwig Mayer und anderen: „Beschuldigte: Karl Pfötscher, am 19.9.1919 in Hall geboren, Reichsangehöriger, Schüler, katholisch, ledig, Sohn des Karl und der Josefine Pfötscher, zuletzt Innsbruck Michael Gaismayrstr. 11; Und viele weitere [...] II. Tatsächliche und rechtliche Würdigung des Sachverhaltes. [...] Die meisten der Beschuldigten waren Mitglieder von klerikalen oder legitimistischen Formationen in Österreich, unter denen einzelne, wie Rudolf Ottylk, Franz Ortler und Karl Niederwanger eine führende Stellung innehatten. [...]Bereits am 5. April 1938 waren sie in der Wohnung des Professors Siegfried Mayr zusammengekommen. [...]Niederwanger wies verschiedene Urkunden vor, in denen Otto von Habsburg zum Ehrenbürger einzelner Tiroler Gemeinden ernannt worden war. Er ermunterte die Anwesenden an der legitimistischen Aufbauarbeit. [...] Unter den Beschuldigten müssen in Bezug auf ihre Tätigkeit und Teilnahme an der verbotenen Organisation mehrere Gruppen unterschieden werden, und zwar: Die Rädelsführer- Rudolf Ottylk, Franz Rainer, Franz Ortler deren Hintermänner- Graf Leopold Künigl, August Loacker, Dr. Albin Oberhofer, Rudolf Raschenberger, Ludwig Mayer (Jude), Ernst Schwarz (Jude), Stefan Kraker, Prof. Siegfried Mayr die Unterführer und einfache Mitglieder- Otto Sailer (Unterführer), Otto Troger, Heinz Mayer (Halbjude), [...]Gerda Markowetz, Erna Tschaikner, Paula Dalla Giovanna [...]Anna Mair[...] Personen nach § 139 RStGB. verdächtig- Josef Sollerer, Kurt Somvi et al. Beschuldigte mangels eines entsprechenden Verdachtsgrundes ein Haftbefehl erlassen wurde- Franz Cajumi, Herbert Steiner, et al. Karl Niederwanger, der derzeit flüchtig ist und sich angeblich in Frankreich (Paris) aufhalten soll." Josef Pöschl (1898–1954) Foto Josef Pöschl. In: Wopfner, Helmut (Hrsg.): Unsere Sternkorona. Mitgliederverzeichnsi 1888-1998. Thaur 1998, S. 101. Josef Pöschl besuchte das Franziskaner Gymnasium in Hall in Tirol. Er war Angehöriger der monarchistisch-legitimistischen Bewegung. Seine berufliche Laufbahn führte ihn in den Postdienst. Er engagierte sich im kirchlichen Leben seiner Pfarre in Innsbruck-Amras, wo er während der nationalsozialistischen Zeit Pfarrkirchenrat war. Er stand dem NS-Regime aus katholischen und monarchistischen Gründen ablehnend gegenüber. Im Jahr 1943 schloss er sich der Widerstandsgruppe Post an. Im April 1945 übernahm Ing. Carl Hirnschrott die Leitung der Gruppe Post. Die Gruppe organisierte im Rahmen ihrer Widerstandstätigkeit einen Abhördienst und unterhielt Telefon-Leitungen nach Garmisch, wo sie mit den anrückenden Amerikanern in Kontakt treten konnten. Sie verhinderten die Zerstörung von wichtigen Fernmeldeanlagen und schützten diese vor der deutschen Wehrmacht und SS-Verbänden. Josef Pöschl war für die Vermittlung von Ferngesprächen und die Überwachung von Gesprächen zuständig. Nach dem Krieg wurde er weiter im Postdienst beschäftigt und ging als Postamtsdirektor in den Ruhestand. Katharina Strauss (1910-?) Katharina Strauss, die in Hall in Tirol lebte, offenbarte während eines Aufenthalts in der Steiermark ihre Sympathie für die Monarchie als bevorzugte Regierungsform. Während ihres Urlaubes äußerte sie die Überzeugung, dass Otto von Habsburg bald wieder die Regentschaft in Österreich übernehmen könnte. Im März und April 1943 verbrachte Katharina Strauss vier Wochen in der Untersteiermark. Am 18. April 1943 fuhr sie nach Oberradkersburg, um Wein für sich und ihren Bruder einzukaufen. Sie begab sich in mehrere Gasthäuser, darunter das Gasthaus Wratschko, wo sie sich an einen Tisch mit dem Buchhalter F.G. und einem Verwandten des Gastwirts Franz Wratschko setzte. Als jemand das Gasthaus betrat und mit "Heil Hitler" grüßte, äußerte Strauss ihre Verwunderung darüber, dass immer noch jemand diesen Gruß verwendete. In der Unterhaltung erzählte sie von aktuellen Ereignissen und Gerüchten: 1. Die Amerikaner hätten einige Großstädte bombardiert und Italien ein Ultimatum gestellt, Frieden mit Amerika zu schließen, sonst würden alle Städte Italiens zerstört werden. Der italienische König habe sich für den Frieden mit Amerika entschieden. 2. Sie glaubte, dass der Weltkrieg durch Italiens Entscheidungen beeinflusst werde, und Otto von Habsburg würde wieder zum Regenten werden. 3. Die Amerikaner würden im Mai in Italien eindringen, und die unzufriedene italienische Armee würde sich ihnen anschließen. Auch die Franzosen warteten auf diesen Tag, um mit den Amerikanern gegen Deutschland zu kämpfen. Sie schloss eine Wette mit dem Gastwirt Wratschko ab, dass Hitler ab Mai oder Juni nicht mehr regieren würde: Sie behauptete, einen unzensierten Brief von einem Verwandten aus englischer Gefangenschaft erhalten zu haben. Darin wurde berichtet, dass 21 deutsche Divisionen in englischer Gefangenschaft seien und es ihnen gut gehe. Außerdem sagte sie voraus, dass Hess die Position des Führers übernehmen würde. Aus russischer Gefangenschaft habe sie Briefe von ihrem Bruder erhalten, der während eines Stoßtruppenunternehmens gefangen genommen wurde. Die Russen hätten 15 Personen erschossen, die Deutsche oder Preußen gewesen seien, aber drei Österreicher seien verschont worden aufgrund einer Vereinbarung zwischen England und Russland. Sie äußerte die Befürchtung, dass am Führergeburtstag ganz Deutschland zerstört werde und was übrigbleibe, dem Führer als Geburtstagsgeschenk übergeben werde. Sie behauptete, dass Deutschland einen Gaskrieg beginnen könnte, woraufhin 23.000 Flugzeuge aus England und 27.000 aus Russland kämen, um Deutschland mit Gas zu vernichten. Laut ihrer Aussage sei die englische Spionage effektiver als die Deutsche. Sie erwähnte drei angebliche englische Spione in Innsbruck, die bisher von der Gestapo nicht gefasst wurden. Es wurde behauptet, dass der Führer stark erkrankt sei, nach dem Rückschlag von Stalingrad wahnsinnig geworden sei und ständige Bewachung benötige. Er müsse sich einer schweren Gehirn- und Kehlkopfoperation unterziehen, wofür der beste Spezialist aus Schweden geholt werde. Es wurde erwähnt, dass die Kanzlei des Führers nach Obersalzberg verlegt worden sei. Falls der Führer sterbe, würden die Weltöffentlichkeit und Deutschland nichts davon erfahren. Er werde einbalsamiert und heimlich begraben, da man befürchtete, dass Deutschland sofort zusammenbrechen würde. In Österreich grüßte niemand mehr mit "Heil Hitler", und die SA- und Parteiuniformen wurden von den Soldaten nicht mehr getragen, da sie befürchteten, von den Bewohnern durchgeprügelt zu werden. Strauss prophezeite, dass die Nachkriegsrevolution von der Wehrmacht durchgeführt werden würde. Abschließend bat sie die Zuhörer, sie nicht anzuzeigen, da sie sonst mit Konsequenzen rechnen müsse. Es ist wichtig zu verstehen, dass solche Verbreitung von Gerüchten in Zeiten des Krieges oder politischer Instabilität ernsthafte Folgen hatte und in diesem Rechtssystem strafrechtlich verfolgt wurde. Das Urteil des Oberlandesgerichts Wien (OLG Wien) am 20. April 1944 im genannten Fall zeigt, wie die Justiz auf solche Fälle reagierte und die Verantwortlichen für die Verbreitung von irreführenden Informationen zur Rechenschaft gezogen hatte. Die verhängte Strafe von 2 Jahren Zuchthaus, 6 Monaten Haft und 3 Jahren Ehrverlust unterstreicht die Ernsthaftigkeit der Situation und die Konsequenzen für die betreffende Person. Foto: Weiß, Sabine : Widerstand von Einzelnen. Wehrkraftzersetzung und ähnliche Delikte. DÖW 9145. In: Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands (Hrsg.): Widerstand und Verfolgung in Tirol 1934 - 1945. Eine Dokumentation (1). Wien/München 1984, S. 311-313. Anna Hutter (1883-?)Anna Hutter (geb. 29.9.1883) war ehemaliges Mitglied der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei und wohnte in Solbad Hall, Mustergasse 6. Sie kaufte im September 1939 einen gebrauchten Rundfunkempfänger auf Raten. Mit diesem Gerät hörte sie regelmäßig vom März 1940 bis zu ihrer Verhaftung im September 1940 Auslandssender, wie Straßburg, Beromünster, London und Mailand. Die Beschuldigte gab an, dass sie insbesondere an Nachrichten interessiert war. Vom 24. März 1940 bis 14. Juni 1940 wohnte bei ihr das Ehepaar N.N.. In Anwesenheit ihrer Untermieter ließ Anna Hutter das Radio Auslandssender abspielen. Sie erzählte über einen Bittgottesdienst, dem Otto von Habsburg (1912–2011) in Frankreich beigewohnt habe. Deswegen und wegen weiterer Nachrichten wurde sie am Landesgericht in Innsbruck wegen Rundfunkverbrechens zu zwei Jahren Zuchthaus verurteilt. „Es wurde vom Gericht als erwiesen betrachtet und von mehreren Zeugen bestätigt, dass sie sich defätistisch über das Regime äußerte und ausländische Sender hörte." Foto: Weiß, Sabine: Widerstand von Einzelnen. Abhören ausländischer Rundfunksender, DÖW 11463. In: Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands (Hrsg.): Widerstand und Verfolgung in Tirol 1934 - 1945. Eine Dokumentation (1). Wien/München 1984, S. 333.
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