Im Jahr 2025 jährt sich das Kriegsende zum 80. Mal – eine Gelegenheit, die Opfer des NS-Terrors in Hall erneut in Erinnerung zu rufen. Die Namen der hier beigesetzten Zwangsarbeiter und politischen Opfer, die aus verschiedenen Nationen stammten, sollen dabei eine zentrale Rolle spielen. Sie stehen stellvertretend für die unzähligen Menschen, die im Arbeits-Lager Reichenau, Solbad Hall und Umgebung ihr Leben lassen mussten. Ihre Geschichten erinnern uns daran, wie wichtig es ist, die Gräueltaten und das Leid, das im Zweiten Weltkrieg und den Konzentrationslagern verursacht wurde, niemals zu vergessen. Fotos: Städtischer Friedhof in Hall in Tirol. In: Privatarchiv E. Walder Hall in Tirol. Erste Kontakte zu Kriegsgefangenen und Zwangsarbeitern der Widerstandsgruppe um Anton Haller 1943 - 1945Anton Haller und Anton Dosch knüpften in der Werkstatt von Haller erste Kontakte zu Kriegsgefangenen und Zwangsarbeitern. Hall hatte 1943-1945 etwa 11.000 Einwohner, davon 400-500 Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter. Die meisten von ihnen waren im Gestapolager Reichenau oder im Lager Absam- Eichat interniert. Feldwebel Heuschild vom Kriegsgefangenenlager nannte Anton Haller und Anton Dosch mehrere Vertrauensleute unter den Gefangenen. Einer von ihnen war der Serbe Stanko Zoniloric, ein Schuhmachergeselle. Zoniloric genoss das Vertrauen der Kriegsgefangenen und der Wachmannschaften, sodass er Gelegenheit hatte, manche Gespräche der SS mitzuhören. Er übermittelte deren Inhalt an die Haller Widerstandsbewegung, während er in der Werkstatt von Anton Haller arbeitete. Anton Dosch übernahm die Aufgabe, die ausländischen Gefangenen zu organisieren. Es wurden Gruppen mit tschechischen, polnischen und ukrainischen Kriegsgefangenen gebildet. Durch die Mitwirkung der Fremdarbeiter aus dem Lager Eichat konnten Sabotageakte durchgeführt werden. Beispielsweise beim Rückzug der deutschen Wehrmacht aus Italien arbeitete eine eigene Sabotagetruppe und beschädigte die Reifen der Transportfahrzeuge, um sie unbrauchbar zu machen. Am 2. und 3. Mai 1945 leisteten die Kriegsgefangenen bzw. Fremdarbeiter im Lager Eichat einen wesentlichen Beitrag zur Beendigung des NS-Regimes in Hall. In der Nacht hatten starke SS-Verbände die Stadt kontrolliert. Jene SS-Einheiten aus dem Lager Eichat konnten jedoch nicht ausrücken, da die Zwangsarbeiter, die der Haller Widerstandsbewegung angehörten, die Benzintanks der SS-Fahrzeuge entleert hatten. Diese Aktion rettete zahlreichen Hallern und Hallerinnen, sowie auch der Innsbrucker Bevölkerung das Leben. Erinnern oder Vergessen 2./3. Mai 2025Nach 80 Jahren soll dieser Beitrag den mutigen Kriegsgefangenen und Zwangsarbeitern gewidmet sein, die als junge, waffenkundige Personen einen entscheidenden Anteil an der Befreiung der Stadt Hall vom NS-Regime hatten. Trotz ihres selbstlosen Einsatzes blieb ihnen lange Zeit jegliche Anerkennung oder Dankbarkeit verwehrt. Diese Erinnerung ist ein Zeichen des Respekts für ihre außergewöhnlichen Taten und ein verspätetes, aber umso bedeutenderes Dankeschön für ihren Mut und ihre Entschlossenheit. Städtischer Friedhof in Hall in Tirol – Schwarzes Kreuz Im Folgenden werden die Namen der Fremdarbeiter genannt, die ihre letzte Ruhestätte am städtischen Friedhof in Hall gefunden haben. Bedauerlicherweise bleiben ihre Schicksale bis heute weitgehend im Dunkeln, da weder ihre Lebensgeschichten dokumentiert noch eine umfassende Aufarbeitung ihres Leidensweges erfolgt ist.
Abkürzungen: DÖW - Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands Pol. Opf. - politische Opfer StAH- Stadtarchiv Hall in Tirol ZWA- Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen Foto Gedenkstätte Reichenau-Innsbruck. Privatarchiv E. Walder Hall in Tirol. Erschießung von Häftlingen und Zwangsarbeitern im Arbeitslager Reichenau 1945Die Zeugenaussage des ehemaligen Verwaltungsobersekretärs der Strafanstalt Landesgericht Innsbruck, Wilhelm Steneck, befasste sich mit der Misshandlung und Erschießung von Häftlingen im Arbeitserziehungslager Reichenau. Sie wurde am 25. Juni 1947 vor dem Landesgericht Innsbruck abgegeben. „Ich erinnere mich noch aus dem Winter 1944/45 an vier Russen, die ebenfalls wiederholt von der Gestapo mißhandelt[misshandelt] worden sind, und zwar so arg, daß[dass] sie nicht mehr am selben Tag in das Gefangenenhaus rücküberstellt werden konnten. Sie sind dann ungefähr 1 Monat vor Kriegsende oder vielleicht auch etwas früher nach Reichenau überstellt worden und sollen dort erschossen worden sein. Tatsächlich wurde nach dem Zusammenbruch von den Amerikanern ober/halb/ Hall ein Grab geöffnet, in dem ein Toter mit nur einem Auge festgestellt worden ist, und der, wie ich den Amerikanern als Zeuge bestätigen mußte[musste], einer jener vier Russen gewesen ist, von dem ich eben gesprochen habe.“[...][1] [1] Klamper, NS-Terror. Das Arbeitserziehungslager Reichenau, S. 582. LG Innsbruck, 10 Vr 1745/47. DÖW E 18.618. Haller Blatt vom 1. Juli 2020, S. 51. Haller Blatt vom 1. Juli 2020- Die Exhumierung der Ermordeten außerhalb des Friedhofs von Hall in Tirol. In Privatarchiv E. Walder Hall in Tirol. Es ist festzuhalten, dass noch Ende April 1945 acht Häftlinge im KZ Reichenau von Gestapo-Beamten durch Erhängen hingerichtet wurden. Die Leichen dieser Opfer wurden außerhalb des Friedhofs in Hall in Tirol beigesetzt. Ebenso wurde der Leichnam von Robert Moser, einem Radiohändler aus Innsbruck, der von der Gestapo in Innsbruck zu Tode gefoltert worden war, in Hall begraben. Nach dem Einmarsch der US-Truppen wurden die Leichen exhumiert. Dr. Viktor Schumacher, Arzt und ab Kriegsende 1945 Bürgermeister von Hall in Tirol, setzte sich für eine würdevolle Beerdigung dieser vom NS-Regime Ermordeten ein.[1] [1] Haller Blatt vom 1. Juli 2020, S. 51. Haller Blatt 16. Oktober 2013. In Privatarchiv E. Walder Hall in Tirol. Bilanz des Endes der nationalsozialistischen Herrschaft in Solbad HallDer Verwaltungsbeamte Josef Peer fasste die Auswirkungen des Zweiten Weltkriegs für Hall wie folgt zusammen: Etwa 3000 Männer wurden zum Wehrdienst einberufen, von denen 252 im Kampf gefallen oder gestorben sind, während 90 Männer als vermisst galten. Diese Verluste, 342 Männer, bedeuten, dass etwa 8 % der männlichen Bevölkerung Halls während des Krieges ihr Leben verloren. Neben den militärischen Opfern gab es auch zivile Verluste zu beklagen. Im Februar 1945 ereignete sich der schwerste Bombenangriff auf Hall, bei dem 72 Zivilisten ihr Leben verloren. Zusätzlich wurden 20 Personen aus Hall von den Nationalsozialisten in Konzentrationslagern ermordet und 33 Zwangs- und Fremdarbeiter fanden ihre letzte Ruhestätte auf dem Haller Friedhof. Für die 360 Opfer des nationalsozialistischen Euthanasie Programms befindet sich eine Gedenkstätte am Haller Friedhof und auf dem Gelände des Landeskrankenhauses in Hall. Your browser does not support viewing this document. Click here to download the document.
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