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Porträt von Dr. Ludwig Hörbst. (Quelle: Wopfner, Helmut (Hrsg.): Unsere Sternkorona Hall in Tirol. Mitgliederverzeichnis 1888–1998. Thaur 1998, S.115.) Die Lebensgeschichte von Dr. Ludwig Hörbst ist mehr als nur ein akademischer Werdegang; sie ist ein eindrückliches Zeugnis der politischen Brüche des 20. Jahrhunderts und ein Beispiel für die Wiederauferstehung einer Karriere nach der NS-Diktatur. Geboren am 5. Oktober 1903 in Kleinstockach-Berwang (Bezirk Reutte), absolvierte Hörbst seine Schulzeit am Franziskaner Gymnasium in Hall und studierte anschließend Medizin an der Universität Innsbruck. Nach seiner Promotion im Jahr 1930 arbeitete er an der Pathologischen Anatomie und wechselte 1934 als Assistent an die Hals-, Nasen- und Ohrenklinik Innsbruck – der vielversprechende Start einer universitären Laufbahn. Zäsur durch den „Anschluss“: Entlassung und VerfolgungMit dem „Anschluss“ Österreichs an das nationalsozialistische Deutsche Reich im März 1938 brach für Hörbst, wie für viele andere, eine Welt zusammen. Nur wenige Wochen nach dem Einmarsch der deutschen Truppen teilte ihm der nationalsozialistische Rektor der Universität, Raimund von Steinacker, am 26. April 1938 mit, dass er „mit sofortiger Wirkung beurlaubt“ sei. Hörbst gehörte zu jenen 32 Innsbrucker Akademikern, die in einer ersten Verfolgungswelle aus politischen und „rassischen“ Gründen entlassen oder in den bezugslosen Ruhestand versetzt wurden. Kurz darauf wurde er sogar in sogenannte „Schutzhaft“ genommen – ein euphemistischer Begriff für die politische Inhaftierung durch das NS-Regime. Zwischen Kriegsdienst und erneuter Ächtung1939 wurde der ausgebildete Mediziner dennoch zur Wehrmacht eingezogen und diente als Truppenarzt. Doch die politische Verfolgung blieb ein ständiger Begleiter: Am 15. September 1944 wurde er, mitten im Krieg, endgültig aus der Armee entlassen. Seine Habilitation war von der Universität Innsbruck längst ausgesetzt worden. Zur weiteren Verwendung als Arzt wurde er nach Polen versetzt, wo er als Hilfskassenarzt tätig war. Neuanfang und Spitzenämter in der Zweiten RepublikNach dem Ende des Zweiten Weltkriegs kehrte Hörbst nach Tirol zurück und konnte seine Karriere fortsetzen. In einem bemerkenswerten Neuanfang wurde er zum Vorstand der Hals-, Nasen- und Ohrenklinik in Innsbruck ernannt. Die Universität rehabilitierte ihn nicht nur, sondern er erlangte höchste akademische Würden: Von 1953 bis 1955 bekleidete er das Amt des Dekans der Medizinischen Fakultät und wurde schließlich 1964/65 zum Rektor der Universität Innsbruck gewählt – ein deutliches Signal des demokratischen Neubeginns und eine späte Genugtuung für das erlittene Unrecht.
Das Leben von Ludwig Hörbst steht somit für den Verlust von Freiheit und Recht unter der NS-Herrschaft, aber auch für die Möglichkeit der Wiedergutmachung und des verdienten Aufstiegs in der demokratischen Republik Österreich.
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