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Foto Ludwig Sölder. In: Wopfner,Helmut (Hrsg.): Unsere Sternkorona Hall in Tirol. Mitgliederverzeichnis 1888 – 1998. Thaur 1998, S.160. In den Annalen des Zweiten Weltkriegs finden sich unzählige Geschichten von Grausamkeit und Unmenschlichkeit. Doch es gibt auch die anderen, die stillen Geschichten des Mutes und des Anstandes, die wie ein heller Stern in einer dunklen Nacht leuchten. Eine dieser Geschichten ist die des Tirolers Ludwig Sölder. Vom Tiroler Schüler zum WehrmachtssoldatenGeboren 1921 in Thaur, besuchte Sölder das Franziskanergymnasium in Hall. 1939, mitten in den Wirren des NS-Regimes, wurde er zur Wehrmacht eingezogen und diente in einer Infanterie-Division im besetzten Kroatien. In dem Küstenort Crkvenica sollte sich sein Schicksal und das zweier anderer Menschen für immer verknüpfen. Die Entscheidung, die alles änderteIm Jahr 1943 erhielt Sölder einen verhängnisvollen Befehl: Er sollte das Haus zweier Jüdinnen, einer Mutter und ihrer Tochter namens Zlata Schulteiss, umstellen. Ihnen wurde vorgeworfen, Partisanen zu unterstützen. Als erfahrener Frontkämpfer sah Sölder jedoch nicht Feinde, sondern zwei hilflose und verzweifelte Menschen. Anstatt den Befehl blind auszuführen, traf er eine Entscheidung, die ihm das Leben hätte kosten können: Er ließ die Soldaten abziehen und wies die Frauen an, sich am nächsten Morgen bei ihm zu melden. Was folgte, war ein Akt zivilcouragierten Mutes. Sölder erkannte die Unschuld der beiden Frauen und stellte ihnen eigenmächtig eine „Unbedenklichkeitsbescheinigung“ aus, die er mit dem Stempel seiner Kompanie versah. Dieses Dokument war ihr Schutzschild, ihr Ticket zum Überleben. Das Vermächtnis des GewissensSölder handelte gegen die unmenschliche Ideologie des Regimes, dem er diente, und folgte stattdessen seinem Gewissen. Unter Lebensgefahr bewahrte er zwei unschuldige Menschen vor Verhaftung, Deportation und ihrem sicheren Tod. Beide Frauen überlebten den Krieg.
1945, nach einer Verwundung, kehrte Sölder nach Tirol zurück und studierte in Innsbruck. Die Bedeutung seiner Tat wurde erst viel später vollends gewürdigt: 1995, fünfzig Jahre nach dem Ende des Krieges, wurde Ludwig Sölder im Innsbrucker Rathaus vom Staat Israel und der Israelitischen Kultusgemeinde feierlich geehrt – in Anwesenheit von Zlata Schulteiss, der Frau, der er das Leben gerettet hatte. Seine Geschichte erinnert uns daran, dass Menschlichkeit immer eine Wahl ist. Selbst in der dunkelsten Stunde kann ein Einzelner den Unterschied ausmachen.
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