Dr. jur. Franz Nikoladoni (1889-1967) Ein österreichischer Jurist in den Wirren des 20. Jahrhunderts10/22/2025 Kindheit und Ausbildung (1889-1914) Franz Nikoladoni wurde am 4. September 1889 in Saalfelden im Bundesland Salzburg geboren. Seine schulische Ausbildung absolvierte er am Franziskaner Gymnasium in Hall in Tirol, wo er der Sternkorona beitrat, einer Schülerverbindung, die bereits früh sein Engagement für Gemeinschaft und Prinzipien erkennen ließ. Nach der Matura (Abitur) begann er ein Jurastudium an der Universität Innsbruck. Während seines Studiums wurde er bei der Leopoldina rezipiert, einer studentischen Verbindung, die seine Verbindung zur akademischen Tradition und seinen Werdegang weiter prägte. Erster Weltkrieg und Justizkarriere Nach seinem Studienabschluss begann Franz Nikoladoni seine berufliche Laufbahn beim Divisionsgericht in Trient, das damals zu Österreich-Ungarn gehörte. Dort war er im Bereich der Militärgerichtsbarkeit tätig, also der Militärjustiz. Diese prägende Erfahrung im Gerichtswesen während des Krieges legte den Grundstein für seine spätere Laufbahn. Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs und dem Zerfall der Habsburgermonarchie wurde Nikoladoni in den Zivilgerichtsdienst der neu entstandenen Republik Österreich übernommen. Er wirkte als Staatsanwalt in Linz und später in Steyr, einer historischen Stadt in Oberösterreich mit einer langen Tradition als Industriestandort . 📍 Die Stadt Steyr Steyr ist eine Statutarstadt in Oberösterreich und bekannt für ihre lange Geschichte als Manufacturing-Zentrum, geprägt durch Unternehmen wie Steyr-Daimler-Puch . Die Stadt, an der confluence von Steyr und Enns gelegen, blickt auf eine über 1000-jährige Geschichte zurück und war ein wichtiger Schauplatz in den politischen Umbrüchen des 20. Jahrhunderts. Engagement in der Vaterländischen Front (1936-1938) In der Zeit des Austrofaschismus stieg Nikoladoni in leitende Funktionen auf. Von 1936 bis 1938 war er Obmann der Oberösterreichischen Landesbeamtenkammer (Chairman of the Upper Austrian Civil Service Chamber) und gleichzeitig als Landesfachleiter der Vaterländischen Front (VF) tätig. Die VF war die einzige legale Partei im Ständestaat, dem autoritären Regime Österreichs zwischen 1934 und 1938. Verfolgung während der NS-Herrschaft (1938-1945)Mit dem Anschluss Österreichs an das nationalsozialistische Deutsche Reich im März 1938 brach für Franz Nikoladoni eine schwierige Zeit an. Aufgrund seiner prominenten Rolle in der Vaterländischen Front wurde er von den neuen Machthabern verhaftet. Nach seiner Haftentlassung wurde er ohne Bezüge in den Ruhestand versetzt – eine übliche Maßnahme, um regimekritische oder belastete Beamte zu entfernen und zu bestrafen. Um seinen Lebensunterhalt zu sichern, fand er kurzzeitig eine Anstellung beim Arbeitsamt in Steyr. Doch auch diese Stelle verlor er bald wegen "politischer Untragbarkeit". Die NS-Diktatur verfolgte systematisch Personen, die als ideologisch unzuverlässig galten. Schließlich fand er Zuflucht in einer Metallwarenfabrik, vermutlich in der stark industrialisierten Region Steyr , und arbeitete dort fortan in der Privatwirtschaft, weit entfernt von seiner eigentlichen juristischen Profession. 🏭 Steyr als Rüstungszentrum Während der NS-Zeit wurde die traditionsreiche Steyr-Industrie in die Reichswerke Hermann Göring eingegliedert und produzierte Rüstungsgüter für den Krieg. In Steyr-Münichholz entstand ein Außenlager des KZ Mauthausen, in dem Zwangsarbeiter unter unmenschlichen Bedingungen schuften mussten . Nikoladonis Arbeit in einer Metallwarenfabrik steht somit im Zusammenhang mit dieser kriegswichtigen Industrieregion. Neubeginn und Späte Ehrung (ab 1945) Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs und dem Zusammenbruch der NS-Herrschaft im Jahr 1945 konnte Franz Nikoladoni in seinen juristischen Beruf zurückkehren. In der wiedererrichteten Republik Österreich wurde er zum Leiter der Staatsanwaltschaft in Steyr ernannt. In dieser Position trug er in der unmittelbaren Nachkriegszeit zur Wiederherstellung der Rechtsstaatlichkeit bei. Seine Karriere gipfelte schließlich in der Ernennung zum Oberstaatsanwalt in Linz, der Landeshauptstadt von Oberösterreich. In dieser verantwortungsvollen Position blieb er bis zu seinem Tod im Jahr 1967 tätig. Sein Leben spiegelt die Brüche und Wendungen der österreichischen Geschichte im 20. Jahrhundert wider – vom Kaiserreich über die Erste Republik, die Diktatur des Ständestaates, die Verfolgung während der NS-Zeit bis hin zum Wiederaufbau eines demokratischen Österreichs nach 1945. Zeitleiste: Franz Nikoladoni im historischen Kontext Jahr Ereignis im Leben von Franz Nikoladoni Historischer Kontext in Österreich 1889 Geboren in Saalfelden/Salzburg Regierungszeit von Kaiser Franz Joseph I. ca. 1914 Juristisches Staatsexamen in Innsbruck Attentat von Sarajevo; Beginn des Ersten Weltkriegs WWI Militärrichter in Trient Erster Weltkrieg; Zerfall von Österreich-Ungarn (1918) Nach 1918 Staatsanwalt in Linz und Steyr Gründung der Republik Deutschösterreich 1936-38 Obmann der Landesbeamtenkammer, Landesfachleiter der VF Austrofaschistischer "Ständestaat" (ab 1934) 1938 Verhaftung, Zwangspensionierung "Anschluss": Österreich wird Teil des Deutschen Reichs 1939-45 Entlassung vom Arbeitsamt; Fabrikarbeiter Zweiter Weltkrieg; NS-Terrorherrschaft Ab 1945 Leiter der Staatsanwaltschaft Steyr, dann Oberstaatsanwalt Linz Wiederaufbau der Republik Österreich; Besatzungszeit 1967 Tod Österreich ist bereits seit 12 Jahren souveräner Staat (Staatsvertrag 1955) Dieser Blogartikel erinnert an das Leben eines Mannes, dessen Karriere durch die politischen Erschütterungen seiner Zeit geprägt war, der sich aber stets der Justiz verbunden fühlte. This blog post remembers the life of a man whose career was shaped by the political upheavals of his time, but who remained committed to the judiciary.
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