Foto: Josef Sieberer. In: Archiv des Bildungszentrums für Hören und Sehen. 6068 Mils. Milserheidestraße 1. Einleitung: „Er sagte öffentlich, er werde seine Gesinnung nicht ändern – und verlor dafür seine Stelle.“ Diese Worte aus einem Gestapo-Bericht des Jahres 1938 fassen das Schicksal von Josef Sieberer zusammen: Ein katholischer Priester und Pädagoge, der sich weigerte, sich dem Nationalsozialismus zu beugen. Seine christliche Haltung wurde für das NS-Regime zum Problem. Als Direktor des Landesgehörloseninstituts in Mils bei Hall (heute Bildungszentrum für Hören und Sehen) setzte er sich jahrzehntelang für benachteiligte Menschen ein – bis ihn Denunziation aus dem Amt riss. Sein Leben ist ein Beispiel für stillen, aber unbeugsamen Widerstand. „Es war gerade seine Weigerung, sich anzupassen, die ihn das Amt kostete." Der Fall des Gehörlosenseelsorgers Josef Sieberer zeigt: In der Tyrannei des NS-Regimes konnte schon das Beharren auf christlicher Moral zum Akt des Widerstands werden. Wie Hannah Arendt nach dem Eichmann-Prozess feststellte, war es der blinde Gehorsam der "Rädchen im System", der die NS-Maschinerie am Laufen hielt. Sieberers Geschichte beweist das Gegenteil: Wo Einzelne sich weigerten mitzuspielen, entstanden Risse im totalitären Gefüge. Ausbildung und geistliche Prägung Josef Sieberer absolvierte seine Gymnasialzeit im Vinzentinum in Brixen und trat anschließend ins Priesterseminar ein. Diese fundierte geistliche und humanistische Ausbildung prägte sein Weltbild und seinen späteren Widerstand gegen die NS-Ideologie. Ein Mann des Glaubens und der Bildung Josef Sieberer wurde am 5. Juli 1888 in Schwaz geboren und widmete sein Leben der Kirche und der Pädagogik. Nach Stationen als Kooperator in See (Paznaun) und Landeck übernahm er 1918 die Leitung des Taubstummeninstituts in Mils bei Hall (später Landesgehörloseninstitut). Unter seiner Führung entwickelte sich die Einrichtung zu einem wichtigen Bildungszentrum – bis die nationalsozialistische Machtübernahme alles veränderte. Denunziation und Entlassung: Ein Priester im Visier der NS-Herrschaft 1938 wurde Sieberer von lokalen Nationalsozialisten denunziert. Der Vorwurf: Er weigere sich, seine „Gesinnung“ anzupassen. Ein Gestapo-Bericht hielt fest: „Er sagt öffentlich, dass er seine Gesinnung nicht mehr ändern werde.“ Daraufhin wurde er am 31. Dezember 1938 per Telefonanruf (!) fristlos entlassen – ein brutales Zeichen der politischen Säuberung. Sein Nachfolger, Josef Jahn, galt als linientreuer NS-Anhänger und führte das Institut bis 1945 im Sinne des Regimes. Rückkehr und Vermächtnis Nach Kriegsende kehrte Sieberer 1945 als Direktor zurück und leitete das Haus (nun als Bildungszentrum für Hören und Sehen) bis zu seiner Pensionierung 1956. Trotz der erlittenen Ungerechtigkeit blieb er seiner Mission treu: der Fürsorge für Menschen mit Hör- und Sprachschwierigkeiten. † Am 24. Juni 1961 starb Josef Sieberer in Hall in Tirol – sein Begräbnis in Mils wurde zu einer eindrucksvollen Demonstration der Verbundenheit der Gemeinde mit ihm. Your browser does not support viewing this document. Click here to download the document. Diözesanarchiv Innsbruck. Email Dr. Kapferer an Elisabeth Walder am 14.Mai 2025. Ziviler Ungehorsam als Pflicht für jeden/jedeSieberers Haltung erinnert an Hannah Arendts Einsicht: "Wäre jeder nur ein bisschen ungehorsam gewesen..." Der Priester aus Mils wurde nie zum Aktivisten, doch sein beharrliches Festhalten an der Menschenwürde wurde zur stillen Sabotage des Systems. Während viele schwiegen, bewies Sieberer: Schon die Weigerung, die eigene Moral zu verraten, konnte im Alltag des Terrors Widerstand sein. Sein Schicksal zeigt, wie der NS-Staat gerade auf Katholiken wie ihn mit besonderer Härte reagierte - denn ihr ziviler Ungehorsam untergrub die behauptete Totalität der Herrschaft. "Sein Erbe fordert uns heraus: Wie hätten wir gehandelt? Und wie handeln wir heute, wo wieder Menschen ausgegrenzt werden?" Zeitungsberichte in Archiv Bildungszentrum für Hören und Sehen, 6068 Mils, Milser-Heide-Straße 1. Your browser does not support viewing this document. Click here to download the document. Todesanzeigen in: Archiv Bildungszentrum für Hören und Sehen, 6068 Mils, Milser-Heide-Straße 1.
0 Comments
|
Autorin
|
Proudly powered by Weebly